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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Band LIX
Seite - 172 -
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Kerstin Merkel172 atmosphäre auf. Die verstorbene Kaiserin Maria Theresa hat sich persönlich weniger um ihre Kin- der gekümmert. Für Ferdinand hatte sie zwar mit Steffaneo-Carnea einen fähigen Erzieher gefun- den, aber ihr selbst ist der schwierige und kranke Sohn fremd geblieben. Umso intensiver war für Ferdinand die Erfahrung, in Ludovika eine Per- son zu finden, die sich tatsächlich persönlich für ihn interessierte. In kürzester Zeit entwickelte er eine intensive Zuneigung zu seiner Stiefmutter. Die Gefühle Ferdinands finden einen sehr innigen Ausdruck in der Motivwahl seiner Geschenke, in- dem er gestochene Vorlagen durch kleine Inschrif- ten inhaltlich veränderte und persönlich widmete. Er hat einen Kupferstich nach einem Bild von Angelika Kauffmann gewählt (Abb. 13).54 Darge- stellt ist nach Tassos „Gerusaleme liberata“, wie Erminia den Namen ihres Geliebten Tancreds in die Baumrinde ritzt. Ferdinand hat die Inschrift in Der guten Mutt(er) abgeändert und das Bild sehr sorgfältig und professionell koloriert. Es ist über- raschend, daß seine ersten selbständigen Versu- che in der Zeichenkunst ausgerechnet in die Zeit fallen, als er keinen Erzieher hatte.55 Man könnte Marie Luise als Initiatorin vermuten, die schon 1805 als erste mit der Technik des Kolorierens be- gann (Abb. 9). Die beiden Geschwister verstanden sich sehr gut, waren oft zusammen und unterhiel- ten in Zeiten der Trennung einen regen Briefkon- takt. Marie Luise erhielt von Ferdinand zu ihrem Namenstag sogar schriftliche Glückwünsche und kündigte ihm in ihrer Antwort am 25. August 1806 eine nicht näher benannte Gegengabe an, die sie auf einem Markt gekauft hätte. Auch später sollte sie seine Lieblingsschwester bleiben.56 Das zweite Geschenk zu Ludovikas Namens- tag 1808 war nicht weniger emotional als das erste. Es ist wieder ein kolorierter Stich (Abb. 14) nach einem Gemälde von Angelika Kauffmann,57 in dem die Nymphe der Unsterblichkeit von Schwänen kleine Plaketten in die Hand gelegt bekommt, auf denen Namen stehen. Ferdinand hat diese Namen ersetzt durch Liebe und Dank, die er Ludovika auf diese Art symbolisch dar- bringen wollte. Die beiden Bilder sagen viel über Ferdinand aus. Zum einen über die dankbare Zu- neigung des Fünfzehnjährigen zu seiner Stiefmut- ter, von der er sich ernst genommen fühlte. Zum anderen aber auch über seine penible Korrektheit, 15: Ferdinand, Schmetterlingsfänger, kolorierte Graphik, undatiert. 54 Thomas Macklin ließ das Bild 1781 von John Keyes Sherwin stechen, allerdings in einem ovalen Rahmen. Die Vor- lage von Ferdinand ist rechteckig gerahmt. Drucker und Vertreiber lassen sich aufgrund der dicken Übermalung nicht mehr feststellen. Wahrscheinlich geht der Kupferstich auf eine frühere Variante von Angelika Kauffmanns „Erminia“ zurück, heute im Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum Schloß Gottdorf, vgl. Baumgärtel, Angelika Kauffmann (zit. Anm. 24), S. 255, Kat. Nr.124 mit Abb. 55 Auch sein erster Versuch von Grundrißzeichnungen datiert im Mai 1808, er zeichnet seine Zimmer mit den einge- stellten Möbeln. 56 Holler, Ferdinand (zit. Anm. 45), S. 74, 181–182, 193–198. 57 Baumgärtel, Angelika Kauffmann (zit. Anm. 24), S. 255, Kat. Nr. 123 mit Abb.; das Bild wurde auch von Macklin aus London vertrieben.
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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte Band LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Band
LIX
Herausgeber
Bundesdenkmalamt Wien
Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch, englisch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78674-0
Abmessungen
19.0 x 26.2 cm
Seiten
280
Schlagwörter
research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur
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