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116 | Theoretische Voraussetzungen
cher prosodischer Realisierung. Die distinktive Funktion prosodischer Merkma-
le wird etwa bei der variierenden Realisierung von Interjektionen deutlich. So
hat z.B. die unterschiedliche prosodische Gestaltung der Interjektion hm ver-
schiedene Bedeutungen zur Folge (vgl. Ehlich 2007e: 249):
a) hm,/hm? Die Interjektion mit mittel oder hoch steigender Intonation kann
die Bereitschaft zur Aufnahme von Inhalten, aber auch Verständnisproble-
me auf Hörerseite signalisieren
b) hm- Die Interjektion mit gleichbleibender Intonation signalisiert Zögern,
aber auch eine gewisse Divergenz bezüglich des vorher Gesagten (im Sinne
von: 'vielleicht aber…')
c) hm;/hm. Die Interjektion mit mittel oder tief fallender Intonation kann eine
ausgeprägte Divergenz gegenüber dem Gesagten (im Sinne von 'das ist selt-
sam') ausdrücken, aber auch Ratlosigkeit signalisieren (im Sinne von 'jetzt
haben wir den Salat')
In der Interaktion ist die prosodische Ausgestaltung an mehreren Ebenen der
Kommunikation beteiligt: der Konstruktion von Einheiten innerhalb eines ein-
zelnen Sprechbeitrags, der Abgrenzung gegenüber anderen Sprechbeiträgen,
dem Zusammenhang einzelner Äußerungen desselben Sprechers/derselben
Sprecherin bis hin zu übergreifenden sprachlichen Handlungen, der Verhand-
lung des Rederechts, aber auch der Kontextualisierung von Äußerungen hin-
sichtlich der Einstellungen und emotionalen Beteiligung der Sprecher/-innen
bzw. Hörer/-innen gegenüber dem Gesagten.162
Selting (2010: 12) fasst diese funktionale Variationsbreite wie folgt zusam-
men:
In general, the function of prosody in conversation can be described as follows: Prosody is
relevant for the projection (predominantly in a prospective orientation) and contextualiza-
tion (in a retrospective and a prospective orientation) of units and their relations and in-
teractive meanings within the interaction.
In der Beschäftigung mit grammatischen Phänomenen gesprochener Sprache
im Allgemeinen, und noch mehr für die Beschreibung sprachlicher Besonder-
heiten von Jugendkommunikation ist der Einbezug der prosodischen Gestaltung
von zentraler Bedeutung (vgl. Gerdes 2013: 25), da gerade in Gesprächen Ju-
gendlicher prosodische Mittel eine große Rolle zu spielen scheinen. So hat etwa
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162 Damit sind nur die wichtigsten Funktionsbereiche prosodischer Mittel genannt. Eine
ausführlichere Zusammenstellung ihres „Einsatzspektrums“ findet sich u.a. in Stein (2003:
325).
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Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Titel
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Untertitel
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Autor
- Melanie Lenzhofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Abmessungen
- 14.8 x 22.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute