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kelballast ist“ (Leiss 2010: 153). Die Autorin räumt aber selbst ein, dass das Phä-
nomen nicht auf eine bestimmte Sprechergruppe begrenzt ist:
Der Abbau des Artikels sowie von Richtungspräpositionen bei Richtungsverben (determi-
nierten Verben) ist […] im gesprochenen Deutsch längst weiter fortgeschritten, als allge-
mein wahrgenommen wird (Leiss 2010: 153154).
Allerdings nimmt die Autorin in ihren AusfĂĽhrungen eher gesprochene Stan-
dardsprache in den Blick – in welchem Ausmaß der Wegfall von Präposition
und Artikel in den verschiedenen Dialekten vorkommt, wird nicht näher thema-
tisiert. Zumindest im Hinblick auf SĂĽdbairisch-Sprecher/-innen in Osttirol kann
die hier vorliegende Untersuchung dazu weiterfĂĽhrende Informationen liefern.
4.4.1.4 Fazit
Im Vergleich der belegten Daten aus den Osttiroler Korpora JD und ED mit den
Ergebnissen aus der bestehenden Fachliteratur sind in Bezug auf das Nicht-
Realisieren der Präposition einige Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Form, aber
auch der syntaktischen Funktion festzustellen. So sind auch in den Osttiroler
Gesprächen v.a. in direktionalen und lokal-statischen Lokaladverbialen, aber
auch in Temporalangaben Äußerungen mit präpositions-loser Realisierung der
Präpositionalphrase belegt, und dies mit den bereits bekannten formalen (Til-
gungs-)Restriktionen (z.B. der Artikel der Präpositionalphrase kann nicht allei-
ne stehen bleiben, Preposition drop ist nicht möglich in Kombination mit Pro-
formen u.a.). Auch die in topologischen Analysen festgestellte Tendenz zum
vermehrten Auftreten des Wegfalls, wenn die Präpositionalphrase im Mittelfeld
realisiert wird, bestätigt sich in Bezug auf die Osttiroler Daten.
Der bisherigen Verortung des Phänomens im Kontext (multi-)ethnolektaler
Sprechergruppen ist auf Basis der in dieser Untersuchung vorliegenden Ergeb-
nisse jedoch nicht zuzustimmen. Als Sprecher/-innen des SĂĽdbairischen weisen
die Gespräche der Osttiroler Proband/-innen eine deutlich höhere Frequenz an
präpositionsloser Realisierung in Präpositionsphrasen, die als Lokaladverbiale
mit direktionaler oder lokal-statischer Semantik belegt sind, auf als dies in Be-
zug auf Migrantenjugendliche in Deutschland (vgl. Auer 2013; Siegel 2014) fest-
gestellt wurde. Dies begründet sich primär durch die diatopischen Gegebenhei-
ten, nicht aufgrund jugendsprachlicher oder (multi)ethnolektaler Besonder-
heiten. Was die Erklärungswege für das Vorkommen des Präpositionswegfalls
angeht, ist die Situation in Osttirol also gänzlich anders als jene in Deutschland
zu beurteilen. Während in bundesdeutschen Arbeiten Auer (2003 und 2013)
folgend ethnolektale Sprechweisen als Ausgangspunkt des Phänomens betrach-
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Buch Jugendkommunikation und Dialekt - Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol"
Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Titel
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Untertitel
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Autor
- Melanie Lenzhofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Abmessungen
- 14.8 x 22.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute