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ben auf eigens nivellirte Flächen (Felder) geleitet wird, durch Verdunstung
sehr viel Salz gewonnen. Die Verdunstung wird theils durch die Sonne be-
werkstelligt, theils durch Emporwerfen des Meerwassers mittelst breiter
Schaufeln veranlaßt; das am erdigen (nicht gepflasterten) Boden zusammen-
gescharrte Salz ist mit Erde sichtlich verunreinigt, schmutzig grauweiß, und
wird durch Auflösung erst gereinigt.“ Raimann beschreibt hier die Gewin-
nung von Meersalz, das, anders als das aus Bergwerken geförderte Steinsalz,
dem Meerwasser entzogen wird. In Krünitz’ „Ökonomisch-technologischer
Encyklopädie“, einem in den Jahren 1773 bis 1858 in 242 Bänden erschie-
nenen, von Johann Georg Krünitz und anderen Gelehrten erstellten Nach-
schlagewerk, ist dem Salz ein umfangreicher Artikel gewidmet, und über das
Meersalz steht dort zu lesen: „Das Meersalz, Seesalz, Baysalz oder Boysalz,
Sal marinum, welches in Meerwasser gelöst ist und durch das Verdunsten
desselben gewonnen wird, ist im reinen Zustande vom Küchensalz nicht
wesentlich verschieden. Das Meerwasser enthält aber nicht immer einen
gleichen Gehalt von Salz gelöst; mehr enthält solches nach der Linie [dem
Äquator] hin in der Tiefe, weniger nach den Polen zu und oben auf. Der
Name Baysalz oder Boysalz ist von dem Worte Bay, ein Meerbusen, abge-
leitet.“134 Die im Süden häufiger und wärmer scheinende Sonne führte dazu,
dass in den nordeuropäischen Ländern „als an der Seeküste von Deutsch-
land, Schweden und Dänemark“ nur wenig Meersalz gewonnen wurde,
„mehr aber in den mittäglicheren Gegenden, wo die Sonnenwärme stärker
wirkt, nämlich auf der Küste von Frankreich, Spanien und Italien; auch ist
späterhin in England Baysalz bereitet worden.“135 Auch Istrien genoss die
Vorteile des Südens, sodass dort, wie Raimann es beschreibt, Salz durch
bloßes Verdunsten von Meerwasser gewonnen werden konnte, welcher Pro-
zess durch das Aufwerfen des Wassers mittels breiter Schaufeln unterstützt
wurde. In Krünitz’ Enzyklopädie wird geschildert, wie in den verschiedenen
Ländern das Meersalz gewonnen wurde; in Südfrankreich etwa ganz ähnlich
wie in Istrien: Man leitete das Salzwasser bei Flut in die sogenannten Salz-
sümpfe und „hält solches mittelst einer Art von Schleuse darin zurück,
vertheilt es in mehrere Nebenbehälter und läßt es so an der Luft und Son-
134 Johann Georg Krünitz, Oekonomisch-technologische Encyklopädie oder allgemeines
System der Staats-, Stadt-, Haus- und Landwirthschaft und der Kunstgeschichte, Bd. 132
(Berlin 1822), s.v. Salz, S. 179-284, 215f. Zitiert wird hier nach der an der Universität
Trier erstellten digitalen Version: http://www.kruenitz1.uni-trier.de.
135 Krünitz, Oekonomisch-technologische Encyklopädie, Bd. 132, S. 216.
Des Kaisers Leibarzt auf Reisen
Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832