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mittlerweile vorbei sein mag, finden sich auch noch in unserer heutigen Welt
antike Motive und VersatzstĂĽcke zuhauf.210 Bei der Bewunderung und
manchmal auch Glorifizierung der Antike und ihrer Kultur spielten und spie-
len gewiss Moden und Wahrnehmungsgewohnheiten eine nicht zu geringe
Rolle; aber die immer wieder in verschiedener Weise sich manifestierende
Wertschätzung dessen, was man „klassisch“ nennt, wird auch heute noch mit
der angeblichen Vollkommenheit griechischer Tempel und Statuen oder
römischer Amphitheater und Aquädukte oder Gemmen etwa begründet. Frei-
lich wächst umgekehrt auch die Bedeutung der antiken Relikte mit der Be-
wunderung, die man ihnen als Ăśberbleibsel aus einer groĂźen Zeit entgegen-
bringt. Floriana Mauro drückt das so aus: „Tanto maggiore è il carico di
secoli che questi manufatti portano con sé – coniugando antichitá e bellezza,
armonia e solidità a perfezione tecnica – tanto maggiore e incondizionata
risulta la nostra ammirazione.“ Dennoch könne man die Wertschätzung der
klassischen Antike nicht allein durch willkĂĽrliche Vorbildsuche auf kulturre-
lativistische Weise erklären und somit auch in Frage stellen; vielmehr stehe
hinter dieser Bewunderung die den klassisch-antiken Relikten innewohnende
Verbindung von abstrakter Perfektion und individuellem Charakter und
Schicksal: „Credo sia questo, del resto, il fascino che l’arte e l’archeologia
esercitano: l’essenza della corporeità e della perfezione astratta è legata alla
concreta esistenza del tempo, che passa e lascia tracce tangibili del suo tras-
correre su quanto l’uomo inventa e produce – unica testimonianza del suo
esistere.“211 Was auch immer nun der Grund für das große Interesse an der
210 Zu Nachleben und Wirkungsgeschichte vgl. etwa Horst Bredekamp, Arnold Nessel-
rath (Hrsg.), Pegasus. Berliner Beiträge zum Nachleben der Antike 1 (1999) ff.; Manfred
Fuhrmann, Europas fremd gewordene Fundamente. Aktuelles zu Themen aus der Antike
(ZĂĽrich 1995); Frank Geerk (Hrsg.), 2000 Jahre Humanismus. Der Humanismus als
historische Bewegung (Basel 1998); Herbert Grziwotz, Winfried Döbertin, Spaziergang
durch die Antike. Denkanstöße für ein modernes Europa (Darmstadt 2002); Nikolaus
Himmelmann, Utopische Vergangenheit. Archäologie und moderne Kultur (Berlin
1976); Volker Riedel, Antikerezeption in der deutschen Literatur vom Renaissance-
Humanismus bis zur Gegenwart. Eine EinfĂĽhrung (Stuttgart, Weimar 2000); Bernd Sei-
densticker, Martin Vöhler (Hrsg.), Urgeschichte der Moderne. Die Antike im 20. Jahr-
hundert (Stuttgart, Weimar 2001); Maja Svilar, Stefan Kunze (Hrsg.), Antike und europä-
ische Welt. Aspekte der Auseinandersetzung mit der Antike (Bern u.a. 1984); Maria
Wyke, Projecting the Past. Ancient Rome, Cinema, and History (New York, London
1997).
211 Floriana Mauro, La rinascita dell’ antico. Recupero e riutilizzo dei monumenti
classici nel Medioevo (Rom 2001), S. 7.
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Des Kaisers Leibarzt auf Reisen
Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832