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Der Stoff, aus dem Konflikte sind - Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
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DEUTSCHLANDS KONFRONTATIVER UMGANG MIT DEM KOPFTUCH DER LEHRERIN 53 Prohibitive Gleichbehandlung oder ungleich behandelnde Pseudo-Neutralität – Freiheit und Pluralität bleiben auf der Strecke Im Prinzip müssen alle europäischen Staaten wegen der Bindung an Men- schenrechtspakte und -Konventionen religiösen Pluralismus zulassen und das individuelle Grundrecht der Glaubens- und Religionsausübungsfreiheit ge- währleisten (Loenen 2006). Dieses individuelle Grundrecht kommt auf diese Weise auch Angehörigen von religiösen Minderheiten zugute. Die laizitären Staaten wie Frankreich und die Türkei unterbinden dagegen die Ausübung der Religionsfreiheit in der öffentlichen Sphäre unter Berufung auf die unter- stellte befriedende und erhoffte partizipatorische Wirkung von Republikanis- mus und Laizität. Mithilfe dieser Prinzipien sollen alle Religionen gleicher- maßen aus der öffentlichen Sphäre verbannt werden. Hier macht sich der Republikanismus als ideologische Grundlage, besonders für die Schule, be- merkbar: Partikularitäten und rückwärtsgewandte Traditionalismen sollen un- terbunden werden, Bürger und Bürgerinnen hingegen frei und gleich sein, wobei dies in der Schule als Loslösung aus der Partikularität der familiären Einflüsse eingeübt werden soll. Daher schränken laizitäre Staaten religiösen und weltanschaulichen Pluralismus ein, machen aber dadurch die öffentliche Ausübung dieser Freiheiten individuell weit gehend unmöglich. In ›neutralen‹ Staaten tut sich der Staat dagegen leichter, normativ konsistent zu agieren, denn hier gibt es kaum freiheitseinschränkende Verbote und bei Konflikten wird im Einzelfall abgewogen. Neutralität bedeutet hier nur, dass Organe des Staates und Amtsträger sich jeder Identifikation des Staates mit und jeder Bevorzugung einer bestimmten Religion/Konfession zu enthalten haben; die Kundgabe der eigenen religiösen Bindung ist Staatsdiener/inne/n jedoch ge- mäß der ›offenen‹ Neutralität nicht untersagt. Und selbst in Ländern mit Staatskirche darf es – um der Menschen- und Bürgerrechte willen – nicht zur Vereitelung individueller und kollektiver Freiheiten des Glaubens und der Re- ligionsausübung minoritärer Gemeinschaften kommen (am Beispiel Norwe- gens Skjeie 2007: 130). Für Deutschland stellt sich umso mehr die Frage, wa- rum der Pfad der insofern komfortablen ›offenen‹ Neutralität verlassen wurde, um – zumindest partiell – der menschenrechtlich prekären und konfliktrei- cheren laizitären Tradition zu folgen, die im Verdacht steht, die individuelle Religionsfreiheit in unzulässiger Weise zu missachten. Dagegen musste politisch Verantwortlichen in den fünf deutschen Bun- desländern mit ›christlich-abendländischem Verbotsmodell‹ von Anfang an klar sein, dass ein Messen mit zweierlei Maß – Verbot des Kopftuchs, aber Gestattung des Nonnen-Habits – sich legislativ und judikativ nicht würde le- gitimieren lassen, da Gerichte die Ungleichbehandlung rügen würden. Wenn den Politiker/inne/n die Pflege der christlichen Werte und Traditionen – ganz
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Der Stoff, aus dem Konflikte sind Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Titel
Der Stoff, aus dem Konflikte sind
Untertitel
Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Autoren
Sabine Berghahn
Petra Rostock
Verlag
transcript Verlag
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-89942-959-6
Abmessungen
14.7 x 22.4 cm
Seiten
526
Schlagwörter
Religion, Migration, Geschlechterverhältnisse, Demokratie, Rechtssystem, Politik, Recht, Islam, Islamwissenschaft, Gender Studies, Soziologie, Democracy, Politics, Law, Islamic Studies, Sociology
Kategorie
Recht und Politik
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