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Der Stoff, aus dem Konflikte sind - Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
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SELIGE MUSLIMINNEN ODER MARGINALISIERTE MIGRANTINNEN? 91 Ermöglichen ›tolerante‹ Kopftuchregime Partizipation von Frauen? Das österreichische Beispiel macht deutlich, dass die Anerkennung des Islams und die damit einhergehenden Rechte auf der einen Seite zentral für die Erklärung der ›toleranten‹ Kopftuchpolitik wie auch der relativ konfliktfreien Anerkennung der diesbezüglichen Forderungen von Musliminnen und Mus- limen sind. Unsere Analyse zeigt jedoch auch, dass dieser kooperative Um- gang mit Anerkennungsforderungen nicht unmittelbar dazu führt, dass Mus- liminnen auch in anderen Bereichen die Möglichkeit zur Partizipation haben. Trotz kollektiver Anerkennung ihrer Religionsgemeinschaft und des Kopf- tuchs als eines ihrer Symbole, verfügen Musliminnen nicht über eine ent- sprechende ökonomisch-soziale Verhandlungsmacht, um angemessen für ihre eigenen Teilhabechancen einzutreten. Wenngleich für die Erklärung der ›toleranten‹ Kopftuchregulierung die Kirche-Staat-Beziehung von entschei- dender Relevanz ist, sind auch die anderen Faktoren wie das Antidiskri- minierungsregime, das ›Citizenship Regime‹ und sozioökonomische Fak- toren von Bedeutung, um die relativ geringen Teilhabemöglichkeiten an der österreichischen Gesellschaft zu erklären. Erst im Zusammenspiel der ver- schiedenen Faktoren lässt sich die österreichische Situation umfassend verstehen. So wird deutlich, dass die kontinuierliche Betonung des vorbildli- chen Umgangs mit Musliminnen und Muslimen die bestehenden Probleme und Ungleichbehandlungen unthematisiert lässt, womit gleichzeitig die Chan- ce auf öffentliche Aushandlungen von gleichberechtigter Teilhabe sinkt. Wir möchten an dieser Stelle einen erweiterten und präziseren Analyse- rahmen für zukünftige Untersuchungen des Kopftuchregimes vorschlagen: das ›Kopftuchdispositiv‹, in Anlehnung an die Foucault-Interpretation von An- drea Bührmann und Werner Schneider (2008). Im Vergleich zu der alleinigen Analyse von Diskursen fokussiert eine ›Dispositivanalyse‹ auf die Beziehungen und Interdependenzen zwischen diskursiven und nicht-diskursiven Praxen. Mit diesem Analyseparadigma werden zum einen die Effekte von Alltagswissen und Alltagspraxen der Akteurinnen und Akteure miteinbezogen. Zum anderen kön- nen damit aber auch die Effekte dieses Zusammenspiels in Relation zu den be- stehenden Machtformationen und Herrschaftsstrukturen betrachtet werden (Bührmann/Schneider 2008: 127). Mit diesem Ansatz wird es somit möglich, die Verknüpfungen von medialen oder Expertendiskursen mit der nicht-diskursiven Praxis des Kopftuchtragens sowie den darin eingewobenen Subjektpositionie- rungen16 und Subjektivierungsweisen17 zu erfassen. Eine ›Dispositivanalyse‹ be- 16 Eine im medialen Diskurs häufig zu findende Subjektpositionierung ist die der passiven, nicht emanzipierten muslimischen Frau. 17 Eine in den ›Kopftuchdebatten‹ virulente Subjektivierungsweise ist zum Bei- spiel die Kritik von Kopftuch tragenden Frauen, dass das Kopftuch eine Wider-
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Der Stoff, aus dem Konflikte sind Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Titel
Der Stoff, aus dem Konflikte sind
Untertitel
Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Autoren
Sabine Berghahn
Petra Rostock
Verlag
transcript Verlag
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-89942-959-6
Abmessungen
14.7 x 22.4 cm
Seiten
526
Schlagwörter
Religion, Migration, Geschlechterverhältnisse, Demokratie, Rechtssystem, Politik, Recht, Islam, Islamwissenschaft, Gender Studies, Soziologie, Democracy, Politics, Law, Islamic Studies, Sociology
Kategorie
Recht und Politik
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