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Der Stoff, aus dem Konflikte sind - Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
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DAS KOPFTUCH IN DER SCHWEIZ 103 religiöse Überzeugung der Menschen zu achten, zu schützen und – unter bestimmten Voraussetzungen – gewisse Leistungen zur Verwirklichung die- ses Anspruchs zu erbringen. Das BG verlangt für eine Berufung auf die Glaubens- und Gewissensfrei- heit, dass mit dem Anliegen eine umfassende Vorstellung des Menschen vom Göttlichen bzw. Transzendenten zum Ausdruck kommt.3 Die Glaubens- und Gewissensfreiheit lässt sich demnach nicht allein auf die Befolgung impe- rativer Glaubenssätze reduzieren, sondern – so das BG – ihr Schutz erstreckt sich auch auf »Überzeugungen, die für eine konkrete Lebenssituation eine religiös motivierte Verhaltensweise zwar nicht zwingend fordern, die in Frage stehende Reaktion aber für das angemessene Mittel halten, um die Lebenslage nach der Glaubenshaltung zu bewältigen. Andernfalls könnte sich die Religionsfreiheit nicht voll entfalten« (BGE 119 Ia 178, 183). Kulturell-religiöse Argumente in einem Rechtsstreit sind daher individuell definiert.4 Die Glaubens- und Gewissensfreiheit der BV schützt folglich nicht den Islam als Religionsform mit festgelegten Glaubens- und Kultuselementen, sondern Glaubensinhalte, die von den Gläubigen selbst gewählt und dem Islam zugeschrieben werden. Es stellt sich also nicht die Frage, ob der Koran das Tragen des Kopftuchs überhaupt verlangt, sondern ob Frauen und Mädchen, die aus ihrer Sicht eine solche religiöse Pflicht bejahen, aus öffentlichen Interessen an der Pflichterfüllung gehindert werden dürfen (Kälin 2000: 25). Das Tragen des Kopftuchs, ob zu Hause oder im öffentlichen Raum, fällt als Ausdruck der religiösen Überzeugung in den Schutzbereich der Glaubens- und Gewissensfreiheit. Die Garantie gewährt jeder Person das Recht zu verlangen, dass der Staat nicht auf ungerechtfertigte Weise das Praktizieren der religiösen Überzeugung beschränkt und die notwendigen Schutzhandlungen erbringt.5 Einschränkun- gen der Religionsfreiheit müssen sich auf eine hinreichende gesetzliche Grundlage stützen, öffentlichen Interessen dienen und verhältnismäßig, d.h. zur Erreichung des verfolgten öffentlichen Interesses geeignet, erforderlich 3 Bundesgerichtsentscheid (BGE) v. 18.06.1993, BGE 119 Ia 178, 183; ähnlich BGE v. 12.11.1997, BGE 123 I 296, E. 2a. 4 BG v. 27.02.2008, Az. 1D_11/2007 und 1D_12/2007, 5.2. bzw. Erw. 3.2; siehe auch Karlen 1988: 200; Wyss 1994: 391. Das BG folgt diesem Grundsatz aller- dings nicht immer konsequent, so im BGE v. 12.11.1997, BGE 123 I 296, E. 2.a oder BGE v. 27.05.1993, BGE 119 IV 260. 5 BGE v. 14.02.1992, BGE 118 Ia 46, E. 3b.
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Der Stoff, aus dem Konflikte sind Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Titel
Der Stoff, aus dem Konflikte sind
Untertitel
Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Autoren
Sabine Berghahn
Petra Rostock
Verlag
transcript Verlag
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-89942-959-6
Abmessungen
14.7 x 22.4 cm
Seiten
526
Schlagwörter
Religion, Migration, Geschlechterverhältnisse, Demokratie, Rechtssystem, Politik, Recht, Islam, Islamwissenschaft, Gender Studies, Soziologie, Democracy, Politics, Law, Islamic Studies, Sociology
Kategorie
Recht und Politik
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