Seite - 592 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Bild der Seite - 592 -
Text der Seite - 592 -
592
Karantanische Kontinuität
insbesondere der karantanerslowenischen Kärntner
Vergangenheit (→ Kontinuität).
Die Ausdehnung des alten K. ist nicht exakt be-
stimmbar. Es dürfte ihm die → Slovenia submersa
grosso modo entsprechen, also außer dem Kernland
(die heutigen Bundesländer Kärnten/Koroška und
Steiermark/Štajerska, wo von 800 bis 1100 der → Slo-
wenenzehent eingehoben wurde) : das südöstliche
Oberösterreich (→
Kremsmünster, Windischgarsten),
das südwestliche Niederösterreich (→
Ostarrichi, Ybbs-
und Erlauftal, Karinthgescheid), die Gegend um den
Semmering (Gloggnitz), der Salzburger Lungau und
Osttirol (→ Toponyme, karantanisch-slowenische in
der Steiermark ; → Toponyme slawischer bzw. slowe-
nischer Herkunft in Osttirol und in Salzburg).
Sitz/Hof der Fürsten (administratives Zentrum) von
K. war die curtis carantana → Karnburg/Krnski Grad.
Sitz/sedes des Salzburger Weihbischofs (→ Modestus)
war die ecclesia Sanctae Mariae →
Maria Saal/Gospa
Sveta. Die alten frühchristlichen Bischofssitze Agun-
tum/Lienz und Teurnia (St. Peter in Holz [Šentpeter v
lesu] am Lurnfeld [Lurnško polje], Molzbichl [Molec],
Millstatt [Milštat o. Milje]) bleiben wichtige religiöse
Zentren (Klöster). Gurk (Krka) (→ Hemma) wird ab
1072 Sitz eines Salzburger Weihbischofs. Dadurch ver-
blasst die Bedeutung von Maria Saal/Gospa Sveta. Die
Bedeutung größerer Städte und Märkte wie Friesach
(Breže), St. Veit an der Glan (Šentvid ob Glini) sinkt,
nachdem → Klagenfurt/Celovec ab dem 16. Jh. Lan-
deshauptstadt wird.
Die Namen der → duces Carantanorum, die alle an-
fangs slawisch/slowenisch waren, werden ab 976 ger-
manisch/deutsch. Ausgenommen davon ist Arnulf
(literaturüblich von Kärnten), ein unehelicher Sohn
von Karlmann, aufgewachsen in → Karnburg/Krn-
ski Grad und/oder Moosburg/Možberk. Er nennt
sein ducatus K. regnum Carantanum, als er König des
ostfränkischen Reiches und 896 Kaiser des gesamten
Reiches wird. Sicher war er, in Kärnten aufgewachsen,
mindestens zweisprachig. Die Namen der Fürsten des
mittlerweile kleineren K. nach 976 sind die bei den
Eppensteinern, den Spanheimern aus dem Haus Görz-
Tirol und den Habsburgern üblichen (Heinrich, Otto,
Konrad, Adalbero, Berthold, Hermann, Ulrich, Bernhard,
Philipp, Meinhard) (→ Herzöge von Kärnten/Koroška).
Dennoch bleiben die → Fürsteneinsetzung und das
Rechtsleben (→ Rechtsinstitutionen) dominant slowe-
nische Angelegenheiten (→ Personalitätsprinzip). Die
»fremden« Fürsten aus verschiedenen bairischen, ale- mannischen, fränkischen Adelsgeschlechtern mussten
der »windischen Sprache« mächtig sein, wie ja auch
bei der → Fürsteneinsetzung ausdrücklich verlangt
wird. Also mussten sie (vor oder nach der Einsetzung)
Windisch/Slowenisch lernen (→ windisch). Ulrich
von Liechtenstein (→ Minnesänger) wird 1227
vom Kärntner Landesfürsten auf Slowenisch begrüßt
(→ Buge waz primi, gralva Venus). Auch die von Ota-
kar aus der Gaal und vom Viktringer Abt → Jo-
hann geschilderten → Fürsteneinsetzungen finden auf
Slowenisch statt. Die karantanische Slowenität bleibt
im Fürstentum/Herzogtum Kärnten/Koroška offen
und teils latent erhalten.
Lit.: ES (B. Grafenauer : Karatanija). – M. Kos : Conversio Bagoario-
rum et Carantanorum. Ljubljana 1936 ; J. Mal : Probleme aus der Früh-
geschichte der Slowenen. Ljubljana 1939 ; F. Glaser : Inschrift karantani-
scher Kirchenstifte. In : Archäologie Österreichs 10/1 (1999) 19–22 ; H.-D.
Kahl : Der Staat der Karantaner. Fakten, Thesen, und Fragen zu einer
frühen slawischen Machtbildung im Ostalpenraum. Ljubljana 2002 ;
O. Kronsteiner : Die alpenslawischen Personennamen. Wien 1975 ; O.
Kronsteiner : Die in der literaturüblichen Geschichte der Slawistik fehlen-
den verschwiegenen 100 karantanerslowenischen Jahre vor Kyrill und
Method. Vorschau auf die neue Enzyklopädie der slowenischen Kultur-
geschichte in Kärnten/Koroska (ESKK). Kals am Großglockner 2013
(Vortragsmanuskript zum XXVII. Namenkundlichen Symposium).
Otto Kronsteiner
Karantanische Kontinuität, vgl. Sachlemmata :
→ Edlinger, → Edlingergerichtsbarkeit im Gemeinde-
gebiet von Magdalensberg/Štalenska gora, → Edlin-
gerdienste im Gemeindegebiet von Magdalensberg/
Štalenska gora, → Edlinger-Gemeinschaftswald auf
dem Christofberg/Krištofova gora, → Personalitäts-
prinzip, → Windische Ideologie des Herzogtums
Kärnten/Koroška, → Karantanerslowenisch, → Slowe-
nisch in Kärnten/Koroška.
Karantanische Mark, lat. marca und marchia Caran-
tana, slow. Karantanska krajina. Der lateinische Name
bezeichnet seit etwa 976, als das auf »Kärnten/Koroška«
reduzierte slowenische Fürstentum → Karantanien von
Baivarien getrennt und selbstständig wurde, die Region
an der Mur (slow. Mura) und Mürz (slow. Murica)
sowie das steirische Ennstal (slow. Aniža bzw. dolina
Aniže), also die Zentralgebiete der heutigen Steier-
mark (avstrijska Štajerska) bis zum Oberlauf der Raab/
Raba, ohne die »pannonische Oststeiermark«. Nach
der Reduzierung und den Abtrennungen Karantani-
ens entstanden um das »neue« Fürstentum/Herzog-
tum Kärnten/Koroška mehrere fränkisch beherrschte
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 2 : J – Pl
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur