Seite - 635 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
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Klagenfurter Feld/Celovško polje
→
Zweisprachigkeit im heutigen Sinn weder in der
Stadt noch auf dem Land gab.
Am Beginn der neuen politischen Ära und tief grei-
fender gesellschaftlicher Veränderungen (ähnlich wie 68
Jahre später in Fatima) erschien einheimischen slowe-
nischen Mädchen am 17., 18. und 19. Juni 1849 die hl.
Maria auf einem Baumstamm auf einer Waldlichtung im
Wald bei → Dolina/Dolina bei Poggersdorf/Pokrče. Da-
raus entwickelte sich ein regional beliebter slowenischer
Wallfahrtsort. Die 1999/2000 völlig restaurierte Kirche
mit neuem Kirchenschiff weist den alten slowenischen
→
Kreuzweg vom Ende des 19. Jh.s auf sowie moderne
slowenische → Inschriften in den Glasfenstern.
Die slowenische Tabor-Bewegung endete mit dem
17. → Tabor am 6. August 1871 in Oberwuchl/Zgornje
Buhlje, literaturüblich »bei Grafenstein/Grabštanj«, an
dem 7.000 Personen teilnahmen. Die Veranstaltung
fand auf dem Anwesen des Štefan Primož, vulgo Riz-
nar, statt. Dabei ist hervorzuheben, dass Oberwuchl/
Zgornje Buhlje in der Nähe von Klagenfurt/Celo-
vec wohl nicht zufällig als Versammlungsort gewählt
worden war, da der Ort in unmittelbarer Nähe des
damals jungen, aber beliebten slowenischen Marien-
Wallfahrtsortes Dolina/Dolina bei Poggersdorf/Pokrče
liegt. Bereits 1971 weist Melik dabei darauf hin, dass
Oberwuchel/Zgornja Buhlja zwischen Grafenstein/
Grabštanj und dem Wallfahrtsort Dolina/Dolina etwa
zehn Kilomrter östlich von Klagenfurt/Celovec liegt.
Später wurde allerdings eine politische Versammlung
des Katoliško politično in gospodarsko društvo za Slovence
na Koroškem [Katholischer politischer und wirtschaft-
licher Verein für Slowenen in Kärnten] am 9. August
1896 in Poggersdorf/Pokrče ebenso wie eine am 30.
August in Viktring/Vetrinj von Bezirkshauptmann
Mac Nevin verboten (Liška 1984 : 192).
Bedeutend für die slowenische Kulturgeschichte des
K. F./C. p. sind weiters die → Tainacher Handschrift,
der Spracherneuerer und →
Jesuit Oswald → Guts-
mann aus Oberwuchl/Zgornje Buhlje bei Grafens-
tein/Grabštanj (→ Slowenisch in Kärnten/Koroška)
sowie der Fürsterzbischof von → Gorizia/Gorica/
Görz Franz X. →
Luschin/Lušin aus Tainach/Tinje.
Hervorzuheben sind auch die Maler Markus → Pern-
hart aus Obermieger/Zgornje Medgorje und Jacobo
→
Brollo, der zumindest vier Kirchen im K. F./C. p.
mit Fresken versah und eine slowenische → Inschrift
und eine Kyrill und → Method-Malerei hinterließ.
Historische → Kreuzwege und Sakralbilder, die der
slowenischen → Volkskunst zuzurechnen sind und die slowenische Texte vornehmlich aus dem 19. Jh. auf-
weisen, finden sich in der Pfarrkirche in Poggersdorf/
Pokrče, in Linsenberg/Lečja gora (Pfarre St. Michael
ob der Gurk [Windisch St.
Michael)/Slovenji Šmihel])
und in Tainach/Tinje. Auch in Dolina/Dolina ist der
slowenische Kreuzweg aus der Zeit der Errichtung des
ursprünglichen Kirchenbaus erhalten geblieben, neuere
slowenische Inschriften auf den Glasfenstern in Dolina/
Dolina aus 1999/2000 schließen an die örtliche Tradi-
tion an. Ein slowenischer Kreuzweg auf dem Christof-
berg/Krištofova gora wurde der lokalen Überlieferung
nach entfernt. Milka → Hartman ist die Autorin
einer der erhaltenen slowenischen → Grabinschriften
am K. F./C.
p. in St.
Lorenzen/Šentlovrenc.
Mit Schloss Gundersdorf/Gundrska vas, das selbst
auf Edlinger zurückzuführen ist, kann der slowenophile
Statthalter → Schlossnigg/Šlojsnik in Verbindung
gebracht werden, da seiner Mutter und Schwester am
Friedhof in St. Thomas/Šenttomaž → Grabinschriften
gewidmet sind. Neben → Klagenfurt/Celovec, das im-
mer auch ein slowenisches kulturelles und politisches
Zentrum war, waren auch das slowenische → Vereins-
wesen und → Genossenschaftswesen im K. F./C. p.
bedeutend (→ Edinost und Posojilnica in hranilnica
Št. Tomaž und die Filialen des Schulvereins → Ciril-
Metodova družba [Kyrill und Method-Verein] in Kla-
genfurt/Celovec und Umgebung [gegründet 1886], Ga-
ber/Haber pri Medgorjah [1888], Poggersdorf/Pokrče
und Umgebung [1897]). In Grafenstein/Grabštanj
waren ab 1910 der slowenische Kulturverein → Skala
[Fels] und eine Bibliothek aktiv. Anzuführen ist auch
die Priestervereinigung → Sodaliteta in Tainach/Tinje
und deren Sodale und Kulturaktivist Janko →
Maier-
hofer aus der Gemeinde Grafenstein/Grabštanj, der
sich unermüdlich für die slowenische Kultur einsetzte,
die Gründung verschiedener Kulturvereine initiierte,
der allerdings für sein Engagement gerichtlich verfolgt
wurde und das Land für mehrere Jahre verlassen musste.
Das K. F./C. p. war auch Schauplatz tragischer Er-
eignisse für die slowenische Kulturgeschichte : → Mili-
tärgerichtsbarkeit, → Internierungen 1919, → Abstim-
mungszone, → Vertreibung 1920, → Deportationen
1942 (Internierunslager in Ebenthal/Žrelec, KZ-Ne-
benlager in Klagenfurt-Lendorf/Celovec-Dhovše als
Außenlager vom KZ-Mauthausen) sowie → Assimila-
tionszwang und → Germanisierung. Nicht erstaunlich
ist es deshalb, dass gerade am K. F./C. p. → Kryptoslo-
wenen eine soziolinguistische Größe bilden.
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 2 : J – Pl
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur