Seite - 670 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
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Koroška slovenska stranka (KSS) in der Ersten Republik
nem groben Vergleich mit der Volksabstimmung von
1920 kann jedoch der Schluss gezogen werden, dass die
KSS bei Weitem nicht alle, die 1920 für den Anschluss
an das Königreich SHS gestimmt hatten, mobilisieren
konnte. Nutznießer dieser Tatsache waren zumeist die
Sozialdemokraten. In der Umgebung von →
Völker-
markt/Velikovec beispielsweise verlor die KSS deutlich
an Einfluss. In einigen Gemeinden, die mehrheitlich
für den SHS-Staat gestimmt hatten, legten vor allem
die Sozialdemokraten kräftig zu. So z. B. in St. Jakob
im Rosental/Šentjakob v Rožu, Ledenitzen/Ledince,
Feistritz im Rosental/Bistrica v Rožu, Radsberg/Radiše,
Weizelsdorf/Svetna vas, Feistritz ob Bleiburg/Bistrica
pri Pliberku, Vellach/Bela, Loibach/Libuče und Augs-
dorf/Loga vas. In lediglich sieben Gemeinden konnte
die KSS einen Mandatsgleichstand bzw. eine Mandats-
mehrheit erreichen. Die KSS erhielt im ehemaligen
Abstimmungsgebiet A anlässlich der Landtagswahlen
1921 nur mehr 8.548 Stimmen.
Bei den Gemeindewahlen 1924 betrieb die KSS ei-
nen intensiveren Wahlkampf. Die politische Situation
und die politischen Widersacher konnten besser ein-
geschätzt werden, die slowenische politische Führung
hatte sich auf die neuen Verhältnisse eingestellt, sie
konnte die Reaktion der slowenischen Wählerschaft
besser einschätzen und hatte bedeutende Erfahrun-
gen bei den Nationalrats- und Landtagswahlen von
1921 und 1923 gesammelt. Soweit es die rudimentär
vorhandenen Ergebnisse zulassen, können in einigen
Gemeinden (Schiefling/Škofiče, Feistritz ob Bleiburg/
Bistrica pri Pliberku) zwar Mandatszuwächse regist-
riert werden, die sich jedoch mit Mandatsverlusten in
anderen Gemeinden (St. Jakob im Rosental/Šentjakob
v Rožu, →
Windisch Bleiberg/Slovenji Plajberk) in
etwa die Waage hielten. Interessant ist der Vergleich
der Gemeindewahlen von 1928 und 1932. Dieser zeigt,
dass sich die slowenischen Wähler, insbesondere bei
den letzten Gemeindewahlen in der Ersten Republik,
gezwungen sahen, auch mit anderen Parteien Kompro-
misse zu schließen. Der KS (4. Mai 1932, S. 3.) veröf-
fentlichte den Vergleich (s. Tabelle oben). Die KSS erzielte bei den Gemeinderatswahlen 1932
in neun Gemeinden (Ludmannsdorf/Bilčovs, Ober-
dörfl/Zgornja Vesca, Moos/Blato, Globasnitz/Globas-
nica, Augsdorf/Loga vas, Zell Pfarre/Sele, St. Margare-
ten i. R./Šmarjeta v Rožu, Weizelsdorf/Svetna vas und
→ Schwabegg/Žvabek) die absolute Mandatsmehrheit
und in weiteren fünf (Feistritz ob Bleiburg/Bistrica
pri Pliberku, Vellach/Bela, Loibach/Libuče, Rückers-
dorf/Rikarja vas, Leifling/Libeliče) die relative Mehr-
heit (Zu den slowenischen → Bürgermeistern vgl.:
Ferdo → Kraiger, Matevž Krasnik (→ Šentjanž),
Johann → Millonig, Alois → Schaubach, Jo-
hann → Schnabl (1827–1904), Johann → Schnabl
(1897–1964), Mathias → Vorspernik, Ferdinand
→ Wiegele).
Weiters waren die Landtags- und Nationalratswah-
len von 1921, 1923, 1927 und 1930 wichtige politische
Ereignisse in der demokratischen Ära der Ersten Re-
publik. Die KSS erreichte bei diesen Wahlen konstant
zwischen 9.000 und 10.000 Stimmen und stellte zwei
Landtagsabgeordnete. Sie konnte jedoch kein Natio-
nalratsmandat erlangen. Bei genauer Überprüfung aller
Wahlresultate kann seit 1923/1924 trotzdem ein kleiner,
jedoch kontinuierlicher Rückgang der Stimmen für die
KSS nachgewiesen werden. Die Wahlresultate für die
KSS sind in Tabelle auf S. 675 aufgelistet.
Die KSS hatte, mit Ausnahme einiger oben genann-
ter Gemeinden, in denen sie die absolute Mehrheit
stellte, politisch wenig Gewicht. Sowohl die beiden
slowenischen Abgeordneten im Landtag als auch die
KSS wurden weitgehend ausgegrenzt. Der Bauern-
bzw. Landbund, der Heimatblock, die Großdeutsche
Volkspartei und die Nationalsozialisten standen der
KSS ablehnend bis feindlich gegenüber. Die Sozialde-
mokratische Partei warb zwar auch mit slowenischen
Veranstaltungen um die Stimmen slowenischsprachiger
Wähler und hatte in einigen slowenischen Gemeinden
eine große Anzahl an Anhängern, trotzdem kam sie
über positive Erklärungen nicht hinaus. Die Sozialde-
mokratische Partei war nach Haas nicht bereit, »einen
aktiven Beitrag zur Besserung der kulturellen und poli-
1928 1932
Stimmen Gemeinderäte Stimmen Gemeinderäte
Unabhängige Kandidatur der KSS 8.547 244 6.559 211
KSS mit einer anderen Bezeichnung – – 1.076 25
KSS in Kompromisswahllisten – 8 – 23
Gesamt 8.547 252 7.635 259
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 2 : J – Pl
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur