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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Seite - 725 -
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725 Kulturautonomie vativen und nationalsozialistischen Kräften zu Beginn der 1930er-Jahre wurde der ENK »zu einem undemo- kratischen Instrument des Reiches, noch bevor die Na- tionalsozialisten an die Macht kamen« (Bamberger- Stemmann, 201). Das einzige funktionierende Modell einer K. in den Zwanzigerjahren des 20. Jh.s gab es für die deutsche Minderheit in Estland. In Kärnten/Koroška wurde ein ähnliches Modell nach Intervention der deutschen Minderheit in der Drau-Banschaft (im Königreich SHS), die sich im Gegenzug eine solche Regelung auch für sich selbst erwartete, vom sozialdemokrati- schen Abgeordneten Matthias Zeinitzer erarbeitet und von seiner Partei, die sich nach dem Verlust der Mehrheit im Lande sowie des Landeshauptmanns im Jahr 1923 etwas an die Slowenen anzunähern suchte, im Kärntner Landtag eingebracht. Angeregt wurde auch die Gründung zweier Beratungsgremien, einer Schulkommission und einer Beschwerdekommission, welche sich der Angelegenheiten der Kärntner Slo- wenen annehmen sollten. Erst nach entsprechenden Interventionen konnten sich die beiden slowenischen Landtagsabgeordneten Vinko →  Poljanec und Franc →  Petek (→  Abgeordnete) einen Sitz in diesen Kom- missionen sichern. Von den Kärntner Slowenen wurde die Idee ei- ner K. trotz der für sie ungünstigen Ausgangslage (schwaches Nationalbewusstsein durch heftige anti- slowenische Agitation der deutschnationalen Blöcke, schlechte finanzielle Lage, erzwungene Abwanderung slowenischer Intelligenz aus Kärnten/Koroška nach der →  Volksabstimmung 1920 etc. (→  Vertreibung 1920) grundsätzlich begrüßt. Die Möglichkeit einer gesetz- lich geregelten K. im Geiste des →  Vertrags von Saint- Germain wurde von Franc Petek bereits bei der Ta- gung des ENK 1925 erwähnt. Die Verhandlungen um die K. für die Kärntner Slowenen dauerten von 1926– 1930. Die vorbereitenden Diskussionen dazu fanden in der Schulkommission statt und sind durch die im KLA vorhandenen Sitzungsprotokolle dokumentiert, während die Arbeit der Beschwerdekommission noch nicht erforscht ist. Im KLA wurde von der Autorin die- ses Beitrags im Frühjahr 2012 lediglich eine Nieder- schrift über die konstituierende Sitzung des Beschwer- deausschusses am 14. Juni 1927 (zwei Jahre nach dem entsprechenden Landtagsbeschluss am 10. November 1925) gefunden, die Forderung nach dessen Einsetzung scheint eher rhetorischer Natur gewesen zu sein. Es er- scheint auch nicht wahrscheinlich, dass angesichts der aufgeheizten Atmosphäre in Kärnten/Koroška einer derartigen Beschwerdekommission nur 20 nicht näher kommentierte Beschwerdefälle (erwähnt im sozialde- mokratischen Antrag, betreffend die Erlassung eines Gesetzes über die Selbstverwaltung der slowenischen Minderheit in Kärnten/Koroška vom 14. Juli 1927) vorgelegt wurden. Das nach Valentin auf älteren Ideen Karl Ren- ners basierende Kulturautonomiekonzept der Kärnt- ner Sozialdemokraten enthielt aus Sicht der Kärntner Slowenen einige schwere Mängel, insbesondere in der Frage der Zuordnung der utraquistischen Schulen (→  Schulwesen), welche die Slowenen für sich rekla- mierten, und hinsichtlich des geplanten Nationalka- tasters. Zorn und andere sehen in der Verhandlungs- führung den augenscheinlichen Versuch deutscher Kärntner Kreise, der K. einen für das deutschnationale Lager in Kärnten/Koroška möglichst günstigen Inhalt zu geben. Dabei ging es auch um die Frage, wer in diese K. einbezogen werden sollte, alle Slowenen in Kärnten/ Koroška (lt. Volkszählung 1910 66.463, lt. Petek und anderen Zählungen, etwa dem Schematismus der Diö- zese →  Gurk/Krška škofija, rund 90.000), wie es Franc Petek forderte, oder nur jene Personen, die sich in ein von den deutschen Parteien zugelassenes Nationalkata- ster eintragen lassen würden (lt. dem deutschnationa- len Kärntner Historiker Martin →  Wutte ca. 15.000). Die Kärntner Slowenen befanden sich in einer prekären Lage. Die Stimmung im Lande wurde nach der Volks- abstimmung 1920 zusehends nationalistischer, das deutschnationale Lager mobilisierte mittels Medien- kampagnen massiv gegen eine K. (→  deutschnationale Vereine). Die Slowenen wurden gezielt in bekennende, national bewusste und national nicht bewusste oder »deutschfreundliche« Slowenen geteilt, für letztere wurden ein eigener Name und ein eigenes (»schweben- des«) Volkstum (→  Windischentheorie) kreiert sowie eine eigene Sprache (→  »Windisch«) behauptet. Die Zustimmung zum Nationalkataster wurde slowe- nischerseits schließlich von der Lösung der Schulfrage abhängig gemacht. Dies konnte als großes Zugeständnis der Kärntner Slowenen angesehen werden, da durch die- ses Kataster nur ein Bruchteil der slowenischsprachigen Kärntner Bevölkerung durch die K. erfasst und die große Mehrheit rechtlich außerhalb der Volksgemeinschaft bleiben würde. Auf die Schulautonomie (die vorhande- nen utraquistischen Schulen wurden überwiegend von slowenischsprachigen Schülern/Schülerinnen besucht, sie dienten lediglich der Eindeutschung der sloweni-
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Untertitel
Von den Anfängen bis 1942
Band
2 : J – Pl
Autoren
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
502
Kategorien
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 547
  2. Lemmata Band 2 J – Pl 549
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