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Kulturvereine, slowenische in Kärnten/Koroška
gister geht hervor, dass einige Vereine keine Aktivitäten
hatten, andere wiederum nur minimale. Ab 1926 unter-
stützte der Verband Muttertagsveranstaltungen, im Jahr
darauf wurden Haushalts- und Kochkurse veranstaltet,
die untrennbar mit dem Namen Milka → Hartman
verbunden waren (vgl. Maria-Magdalena → Knafelj-
Pleiweis). Bis 1938 organisierte der Verband 48 sol-
cher mehrwöchiger Kurse, die die Teilnehmerinnen
mit einem Kulturprogramm und einer Ausstellung ab-
schlossen. Chorwettbewerbe sollten dazu beitragen, das
Niveau der Chöre zu heben. Deshalb wurde begonnen,
alljährlich Wettbewerbe unter dem Titel Naša pesem
[Unser Lied] zu veranstalten, und die besten Sänger
rechneten damit, auf Gesangsturneen durch Slowenien
zu gehen.
Die Slovenska krščansko socialna zveza war gemein-
sam mit dem Politično in gospodarsko društvo za Slovence
na Koroškem (KPGDSK) jene Institution, die Fürspre-
cherin der ungestörten Beziehungen zum »Muttervolk«
im Königreich Jugoslawien war. Diese Orientierung der
slowenischen Volksgruppe in Kärnten/Koroška unter-
stützten grundsätzlich für alle → Minderheiten die
sog. → Europäischen Nationalitätenkongresse. Eine
positive Folge dieser Ausrichtung war, dass der Orga-
nisation eine inhaltliche Erneuerung der Repertoires
der Gesangsvereine und Theatergruppen folgte. Den
größten Nutzen zogen daraus die Vereinsbüchereien,
die auch mit Unterstützung des →
Klub koroških Slo-
vencev [Klub der Kärntner Slowenen] in Ljubljana und
anderswo ihr Angebot stark ausbauen konnten. Nach
Kärnten/Koroška kamen zahlreiche Exemplare slowe-
nischer Periodika.
Mit Beschluss der Amtes der Kärntner Landesre-
gierung vom 8. Februar 1935, Nr. 423/Präs., wurde die
Slovenska krščansko socialna zveza za Koroško in → Slo-
venska prosvetna zveza [Slowenischer Kulturverband]
umbenannt. Wegen der Sistierung der Tätigkeit des
Politično in gospodarsko društvo za Slovence na Koroškem
(PGDSK) wurde sie die einzige zentrale Vertretungsor-
ganisation der Slowenen in Kärnten/Koroška. Die Lei-
tung übernahm bereits 1934 der sehr populäre Vinko
→
Poljanec. In dieser Funktion blieb er bis zum 18.
März 1937, als die Leitung bis zum Verbot 1941 Dr.
Joško → Tischler übernahm. Die Slovenska prosvetna
zveza setzte sich in den Jahren 1935 bis 1937 stark für
eine Neuorganisation des utraquistischen Schulwesens
in Kärnten/Koroška ein. Doch blieben alle Bemühun-
gen ohne Erfolg. Parallel zum politischen Kampf für
die Neuorganisation des Schulwesens veranstaltete sie private Sonntagsschulen, in denen sie der Jugend eine
bessere Ausbildung in der → Muttersprache zu ver-
mitteln versuchte. Diese Kurse wurden von den Behör-
den und vor allem von den lokalen nazifizierten Leh-
rern stark behindert. Im Bereich der Kultur setzte der
Verband die erprobten Formen der Tätigkeit fort. Zu
Zeiten des Ständestaates hatte die Slovenska prosvetna
zveza 47 Mitgliedsvereine, davon waren 35 aktiv. Es
waren 26 Gesangs- und 11 Tamburizzaorchester aktiv.
Der Verband leitete 14 Sonntagsschulen.
Mit dem →
»Anschluss« begann ein neuer Abschnitt
der slowenischen Kulturarbeit in Kärnten/Koroška.
Die neuen Machthaber versprachen zunächst, die Lage
der Minderheit und den Umfang ihrer Rechte nicht
zu verschlechtern. Die Realität war eine ganz andere.
Vinko Poljanec war einige Zeit in Haft, was seinen
Gesundheitszustand so sehr verschlechterte, dass er in
der Folge im August 1938 verstarb und so das erste
Opfer der Nazis unter den Kärntner Slowenen wurde.
Einige weitere Funktionäre wurden für kürzere Zeit
verhaftet oder bald danach versetzt oder erhielten den
Befehl, den Gau Kärnten zu verlassen. Der Vorsitzende
Joško Tischler machte bei den Slowenischen Tagen
in Fürnitz/Brnca und in Globasnitz/Globasnica Mitte
1938 die neuen Machthaber darauf aufmerksam, was
die Slowenen seit dem Tag des »Anschlusses« alles
verloren hätten, obwohl ihnen ihre Führung empfoh-
len hatte, bei der Abstimmung am 10. April 1938 den
ohnehin schon vollzogenen »Anschluss« Österreichs an
Deutschland formell zu bestätigen. Vor härteren Re-
pressalien schützten die Kärntner Slowenen lediglich
die Anstrengungen des Deutschen Reiches, das König-
reich Jugoslawien für die Politik der Achsenmächte zu
gewinnen. Im August 1939 genehmigten die Behörden
einheitliche Statuten der slowenischen Kulturvereine.
Das Vereinsziel war so definiert : »Der Verein fördert
und stärkt die angeborene Volksgruppe der slowe-
nischen Kärntner Familie in allen ihren Elementen,
stärkt umfassend das Leben im Dorf, des Standes und
des Volkes, bietet den Mitgliedern der Volksfamilie
eine fachliche Ausbildung und körperliche Gesundheit,
lehrt sie Sparsamkeit und Maßhaltung und vermittelt
dem Volk eine anständige Unterhaltung.« Die Vereine
mussten auch das »Führerprinzip« annehmen sowie
Rassenbestimmungen. Alles war jedoch nur noch reine
Formalität, weil der Beginn des Zweiten Weltkrieges
alle kulturellen Bemühungen der Vereine zerstörte. Der
Verband Slovenska prosvetna zveza hielt im Dezember
1939 noch ihre Jahresmitgliederversammlung ab, ihr
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 2 : J – Pl
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur