Seite - 810 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
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Lexer, Matthias
Rukopis královédvorský [Königinhofer Handschrift]
von Vaclav Hanka bei Leon vermittelte. Mit seinem
literarisch-programmatischen Essay Popotovanje iz
Litije do Čateža (1858) wurde L. in den ersten Jahren
der Literaturzeitschrift → Slovenski glasnik zu einem
deren wichtigsten Mitarbeiter. Er hebt einerseits die
Bedeutung der erzählenden Prosa und Dramatik für
die Nationalliteratur hervor, andererseits aber sieht er
für diese im selben Atemzug wenig Möglichkeiten. Er
empfiehlt daher humorvolle Gelassenheit, eine unaf-
fektierte (»nicht herrschaftliche«) Sprache sowie einen
elementaren Realismus. Diese Anforderungen reali-
siert er selbst in seiner klassisch gewordenen Erzäh-
lung Martin Krpan z Vrha (1858). Auch seine Kritik an
Janez → Ciglers Erzählung Sreča v nesreči [Glück im
Unglück], die ebenfalls im ersten Jahrgang des Sloven-
ski glasnik (1858) erschienen war, schlägt in dieselbe
Kerbe.
L.s Schriften standen Ende der 1850er-Jahre zwar
nur mittelbar, aber doch explizit Pate für die Reform des
Buchprogramms der → Mohorjeva. Dies betraf auch
das Konzept der Literaturreihe → Slovenske večernice
[Slowenische Abendgeschichten]. Bei der Konzeption
ging L. von der Rezeptionsfähigkeit der breitesten slo-
wenischen Leserkreise aus, wobei er insbesondere die
Aufnahme von Ciglers Erzählung durch die bäuer-
liche Bevölkerung vor Augen hatte und empfahl eine
nicht utilitäre Literatur. Etwas später betonte er im
Slovenski glasnik die Bedeutung der Literaturkritik, ver-
strickte sich aber dabei durch konkrete Äußerungen in
heftige Auseinandersetzungen mit dem Kreis um Janez
→ Bleiweis. Deshalb verlor Janežičs Zeitschrift
ein Viertel der meist konservativen Abonnenten. Der
pragmatische und nachgiebige Janežič musste deshalb
ungeachtet seiner Bewunderung für L. dessen Angriffe
stilistisch mildern, was ihm L. übel nahm und dieser
seine Mitarbeit aufkündigte. Erst im letzten Jahrgang
1867 meldete er sich, wohl aus Respekt vor dem zu
Tode erkrankten Janežič, mit einigen sprachwissen-
schaftlichen Kleinigkeiten. Die slowenische Literatur-
geschichte vertritt die Ansicht, L. und Janežič hätten
sich in ihren literarischen Anschauungen auseinander-
entwickelt, wobei L. von seinen »bäuerlichen« Theorien
und einem volkstümlichen Protorealismus nicht abge-
wichen sei (nach dem Muster Jeremias Gotthelfs
und, in der Frühphase, sogar des romantisch-sentimen-
talen The Vicar of Wakefield von Oliver Goldsmith),
Janežič hingegen habe die Muster der spätromanti-
schen Paysage-Erzählung (Stifter) vorgezogen. 1865 schloss sich L. Andrej → Einspielers bzw.
Janez → Božičs politischer Zeitung → Slovenec an, bei
der er bis zu ihrem Ende (1867) mit radikalen national-
verteidigenden Standpunkten und dem Eintreten für das
Vereinigte Slowenien (→ Zedinjena Slovenija) (1867)
durchhielt. Einspieler stand ihm mit seinem kämpferi-
schen Temperament und seinem nationalen Aktivismus
näher als Janežič, obwohl auch dieser aus Gründen der
Pragmatik einige Male angesichts der Unnachgiebigkeit
L.s ins Schwanken geriet. L.s Verdienst war es, dass sich
die literarischen und kulturellen Beilagen der Zeitung
durchsetzten und so der Slovenec ein hohes literarisches
Niveau erreichte. Wegen des deutschnationalen Druckes
im Zuge der Wahlen 1867 verweigerte → Kleinmayr
den Druck und die Zeitung wurde eingestellt. L. korres-
pondierte mit Miklosich in den Jahren zwischen 1865
und 1883 und beriet sich mit diesem in allen wesent-
lichen beruflichen Angelegenheiten. Als Sprachwissen-
schaftler war er ein Miklosich-Schüler.
Werke : Pesmi 1854 ; Pravda o slovenskem šestomeru, 1878 ; ZDSPP
I–XI, Ljubljana 1948–1980, Red. A. Slodnjak.
Üb.: Fran Levstik : Martin Schtamm. Ljubljana 1997 ; Fran Levstik :
Martin Krpan und ein Riese von Wien. Klagenfurt/Celovec 1992.
Lit.: SBL ; ES ; OVSBL. – K. Glaser : Zgodovina slovenskega slovstva,
3. [Ljubljana] 1896, 208–220 ; ZSS II, Romantika in realizem.
Ljubljana 1959 ; B. Paternu : Fran Levstik. In : Slovenska proza do
moderne. Koper 1957, 1965 ; I. V. Čurkina : Fran Levstik, Vožd levogo
krila mladoslovencev. In : Slavjansko-balkanskie issledovanja. Moskva
1972, 85–160 ; M. Kmecl : Fran Levstik (Ed. Znameniti Slovenci).
Ljubljana 1981 ; K. Sturm-Schnabl : Der Briefwechsel Franz Miklosich’s
mit den Südslaven – Korespondenca Frana Miklošiča z Južnimi Slovani.
Maribor 1991 (Br.: 102, 103, 107a, 110a, 271, 276, 421, 422, 424, 426,
457, 461, 478, 479, 485c.).
Matjaž Kmecl ; Üb.: Katja Sturm-Schnabl
Lexer, Matthias (seit 1885 Ritter von Lexer, * 18. Ok-
tober 1830 Liesing im Lesachtal, † 16. April 1892
Nürnberg), Germanist, Lexikograf, Mediävist.
Nach der Matura (1851) beginnt L. in Graz Rechts-
wissenschaften zu studieren und wechselt nach kurzer
Zeit zu Deutscher Philologie. 1855–1857 Lehrer am
deutschen Gymnasium in Kraków (Krakau), anschlie-
ßend in Berlin. 1860 Promotion an der Universität
Erlangen mit der Dissertation Kärntnisches Wörterbuch.
1863 ao. Professor an der Universität Freiburg im Breis-
gau, 1868 o. Professor an der Universität Würzburg.
1885 als Ritter von Lexer in den persönlichen Adels-
stand erhoben. 1890 Ruf an die Universität München,
wo er kurz darauf (1892) infolge einer Lungenentzün-
dung in Nürnberg stirbt.
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 2 : J – Pl
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur