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Literaturgeschichte
die slowenische Literatur stammt von Matija → Čop
(Handschrift 1831, veröffentlicht in Šafariks Bear-
beitung 1864).
Die weitere Entwicklung verlief auf mehreren Linien.
Eine davon ist mit der slawischen Philologie an den
österreichischen Universitäten verbunden. Neben der
allgemeinen slawistischen Richtung (→ Miklosich,
Jagić, → Krek) entstand Ende des 19. Jh.s in Graz
die erste Lehrkanzel mit slowenistischem Schwerpunkt
(Vatroslav → Oblak, nach ihm Karel → Štrekelj ;
1899–1901 las Štrekelj erstmals in slowenischer
Sprache und bot einen kompletten Überblick über
die slowenische Literatur). Daneben sind die → Li-
teraturkritik und Essayistik von →
Čop über Janez
→ Trdina, Josip →
Stritar und Fran → Levstik
bis hin zu Fran → Levec für die Entwicklung der
Slowenistik von großer Bedeutung. In die dritte Ent-
wicklungslinie gehören die Slowenisch-Lehrbücher für
die Gymnasien, deren Zwischenkommentare zu Wer-
ken und Autoren sich zu größeren Übersichten ver-
einigten (Anton → Janežič, Fran Miklosich, Ivan
→ Navratil, Jakob → Sket ; rezipiert wurden auch
die unveröffentlichten Schulvorlesungen Trdinas
und Levecs). Dazu kommen belehrende und erzie-
hende Schriften für ein breiteres Publikum (Anton M.
→ Slomšek, Josip → Marn), einige seltene monogra-
fische Werke (u. a. von Ivan Macun) und einzelne en-
zyklopädische Artikel. Für den Schulbedarf wurde die
erste slowenische L. geschrieben (Julij → Kleinmayr
1881 ; → Schulbuch). Ende des 19. Jh.s erschienen
immer häufiger slowenistische Beiträge aus der Feder
universitär gebildeter Philologen (Matija → Murko,
Luka →
Pintar, Fran Vidic, Fran → Wiesthaler
u. a.) in periodischem Druck. Einzelbereiche der slo-
wenischen Literatur, am detailliertesten der Protestan-
tismus, wurden auch von nicht slowenischen Autoren
erforscht (v. a. Ludwig T. → Elze). Viel zur Kenntnis
der für die Literatur relevanten politischen, wirtschaft-
lichen und sozialen Aspekte trugen die Autoren der
Landes- (August Dimitz) und Nationalgeschichten
(Josip → Gruden) bei. Diesen Zeitraum schließt Ka-
rel → Glaser mit dem bis dahin umfangreichsten li-
teraturhistorischen Werk ab (1894–1900).
Im Verständnis ihres Gegenstandsbereichs verflocht
sich die L. stark mit den verwandten Disziplinen. In
ihren Verfahren herrschte die Materialsammlung, -be-
schreibung und -klassifizierung vor, darum wird sie
vom methodologischen Standpunkt aus für gewöhnlich
als philologische, biografisch-bibliografische, deskriptiv historische oder faktografische Fachrichtung bezeich-
net. Erst Ende des 19. Jh.s tauchten erste kritische
Reflexionen über die theoretischen Ausgangspunkte,
Forschungsmethoden und synthetischen Darstellungs-
weisen der L. auf.
Anfang des 20. Jh.s systematisierten die Vertreter
einer neuen Generation (Ivan → Prijatelj, France
→ Kidrič, Ivan → Grafenauer, Avgust Žigon) die
Arbeit in vielen Bereichen, von der Kritik der bishe-
rigen Praxis über die Sammlung und Klassifizierung
von Quellen bis hin zu Problemstudien, Monografien
und synthetischen Darstellungen. Trotz einer ungenü-
genden, auf die universitäre Slawistik, den Slowenisch-
unterricht an den Mittelschulen, auf Vereine (→ Mo-
horjeva, → Slovenska matica) und auf den periodischen
Druck beschränkten institutionellen Basis erreichten
sie viel. Das Fach trat aus dem Bereich der allgemei-
nen Slawistik heraus und definierte sich als nationale
Wissenschaft, unterschied sich von den anderen phi-
lologischen Disziplinen und öffnete sich den theoreti-
schen und methodologischen Mustern des bereits mit
geistesgeschichtlichen Elementen durchsetzten Positi-
vismus bzw. des empirischen Historismus.
In der Zwischenkriegszeit erhielt die L. eine institu-
tionelle Grundlage an der 1919 gegründeten Univer-
sität in → Ljubljana, im Verein Znanstveno društvo za
humanistične vede [Wissenschaftlicher Verein für hu-
manistische Wissenschaften], der in die Slowenische
Akademie der Wissenschaften und Künste (Slovenska
Akademija znanosti in umtenosti, SAZU) überging, in
der National- und Universitätsbibliothek (Narodna
in univerzitetna knjižnica, NUK) sowie im Slavistično
društvo [Slawistischen Verein]. Neue Fachzeitschriften
begannen zu erscheinen (→ Časopis za slovenski jezik,
književnost in zgodovino [Zeitschrift für die sloweni-
sche Sprache, Literatur und Geschichte], Razprave
Znanstvenega društva za humanistične vede [Abhand-
lungen des Akademischen Vereins für humanistische
Wissenschaften], Slovenski jezik [Die slowenische
Sprache]). Neben die zentralen Persönlichkeiten trat
eine neue Forschergeneration (Anton Slodnjak,
Mirko Rupel, Marja Boršnik, Lino Legiša, Janez
Logar, Fran Petre u. a.). Aus ihr entstanden einige
große synthetische Werke, mehrere Monografien, eine
Reihe analytischer und problemzentrierter Abhand-
lungen, kritische Ausgaben bedeutender Opera und
grundlegende enzyklopädische Werke. Damit war die
slowenische Literatur bis zum Ende des 19. Jh.s bzw.
bis zum Auftritt der sog. Moderne zur Gänze und in
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 2 : J – Pl
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur