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Maierhofer, Janez
Plattform mit der Bezeichnung Jugoslovanski klub
[Südslawischer Klub], um in der neuen Sitzungspe-
riode effektiver auftreten zu können. Bereits in dieser
Gründungssitzung wurde nach tschechischem Vorbild
eine staatsrechtliche Erklärung beschlossen, die am
nächsten Tag im Plenum von Anton → Korošec als
Klubobmann in kroatischer, slowenischer und deut-
scher Sprache verlesen wurde. Protokolliert wurde da-
mals nur der deutschsprachige Wortlaut :
»Die gefertigten, im Südslawischen Klub vereinigten
Abgeordneten erklären, dass sie auf Grund des natio-
nalen Prinzips und des kroatischen Staatsrechtes die
Vereinigung aller von Slowenen, Kroaten und Serben
bewohnten Gebiete der Monarchie zu einem selbstän-
digen, von jeder nationalen Fremdherrschaft freien, auf
demokratischer Grundlage aufgebauten Staatskörper
unter dem Zepter der Habsburgisch-Lothringischen
Dynastie fordern (lebhafter Beifall u. Händeklatschen)
und dass sie für die Verwirklichung dieser Forderung
ihrer einheitlichen Nation mit allen Kräften einstehen
werden. (Beifall) Mit diesem Vorbehalte werden die Ge-
fertigten an den Arbeiten des Parlaments teilnehmen.«
Diese M. (Majniška deklaracija), fallweise auch Du-
najska deklaracija [Wiener Deklaration] genannt, wurde
letztlich von 33 südslawischen Abgeordneten Cisleitha-
niens unterzeichnet. Seit den letzten Reichsratswahlen
sind nämlich zwei Mandatare gestorben, einer befand
sich in der Emigration und der Kärntner slowenische
→
Abgeordnete Franz → Grafenauer saß im Ge-
fängnis. Die Deklaration war die radikale Fortführung
des trialistischen Konzepts von Franz Ferdinand
unter Einbeziehung der Serben und ohne Rücksicht-
nahme auf das bei den Slawen verhasste dualistische
System der Monarchie (vgl. auch Ivan → Žolger). Sie
sprengte den bestehenden Verfassungsrahmen und bil-
dete so gesehen einen radikalen Akt. Die Loyalitätsfor-
mel mit dem Szepter wurde verschieden interpretiert
und in der Praxis bald fallen gelassen. Bereits im Som-
mer 1917 trafen die ersten Sympathiebekundungen ein,
zuerst aus Bosnien-Herzegowina. Den entscheiden-
den Impuls gab jedoch die Unterstützungserklärung
des Fürstbischofs von Ljubljana Anton Bonaventura
Jeglič am 15. September 1917, dem es gelang, alle slo-
wenischen Parteienvertreter zur Mitunterzeichnung zu
bewegen (außer den Sozialdemokraten), womit in der
Bevölkerung eine breite Basis geschaffen wurde. Die
Hauptträgerinnen der nun folgenden organisierten De-
klarationsbewegung waren nicht nur in → Krain/Kran-
jska und in der Steiermark/Štajerska, sondern auch in den anderen Kronländern die slowenischen Frauen und
Mädchen, die allein am 24. März 1918 in Ljubljana
Korošec etwa 200.000 Unterschriften überreichten.
Dazu kamen die Solidaritätserklärungen von Vereinen
und Institutionen sowie von den Gemeinden : 215 aus
der Steiermark/Štajerska, 189 aus Krain/Kranjska, 28
aus → Gorizia/Gorica/Görz und Gradisca/Gradišče/
Gradiska sowie beachtliche 10 aus Kärnten/Koroška.
Zusammen waren es weit über 300.000 Unterschriften
und damit eine beeindruckende plebiszitäre Willens-
erklärung und Zustimmung für die volksverbundene
Politik der Parlamentarier in Wien. Die M. bedeutete
tatsächlich die »Einleitung zur stillen Liquidierung
der Habsburgermonarchie im Laufe der letzten zwei
Kriegsjahre« (Vasa Čubrilović).
Lit.: V. Čubrilović : Istorija političke misli u Srbiji XIX. veka. Beograd
1958 ; S. Kranjec : Koroščevo predavanje o postanku Jugoslavije. In : ZČ
16 (1962) 218–229 ; L. Ude : Deklaracijsko gibanje pri Slovencih. In :
ZČ 24 (1970) 191–207 ; F. J. Bister : »Majestät, es ist zu spät …« Anton
Korošec und die slovenische Politik im Wiener Reichsrat bis 1918. Wien
[e. a.] 1995.
Feliks J. Bister
Maierhofer, Janez (Janko, Johann Baptist, * 12. März
1876 Ober-/Unter- (?) Fischern/Zgornje/Spodnje (?)
Ribiče [Grafenstein/Grabštanj], † 21. September 1948
St. Niklas an der Drau/Drava), Priester, Kulturaktivist
und Publizist.
Nachdem sein Vater Karel in die Nähe von Velden/
Vrba gezogen war, besuchte M. die Volksschule in
St. Egyden/Šentilj ob Dravi. Mit Unterstützung des
Oberlehrers Vinko Zagode, gebürtig aus der Savinj-
ska dolina (Tal der Savinja), besuchte er ab 1888 das
Gymnasium in Klagenfurt/Celovec, wo er 1896 matu-
rierte. Sein theologisches Studium absolvierte M. am
→ Priesterseminar in Klagenfurt/Celovec, wo er im
vierten Jahr Vorsitzender der → Akademija slovens-
kih bogoslovcev v Celovcu [Akademie der slowenischen
Priesterseminaristen] war. Im Juni 1899 erhielt er laut
ADG-Akte das Subdiakonat und das Diakonat sowie
am 2. Juli 1899 das Presbytariat. Seine Primiz feierte er
am 6. August 1899. Die im ADG-Personalakt geson-
dert ausgewiesenen Sprachkenntnisse sind (neben dem
Deutschen) Slowenisch, Serbokroatisch und Italienisch.
M. war zunächst Kaplan in → Ferlach/Borovlje (Juli
bis September 1900) und danach in Prevalje (Prävali)
in der → Mežiška dolina (Mießtal) von Oktober 1900
bis Juli 1902. Dort engagierte er sich im Katholiško de-
lavsko društvo [Katholischer Arbeiterverein] politisch
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 2 : J – Pl
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur