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Millstatt
stein/Podklošter) stattgefunden haben, was auch der
Tradition der Gailtaler Fuhrleute und größeren Bauern
entsprach.
M. heiratete 1824 in eine Hohenthurner Bauernfa-
milie ein und konnte seinen Besitz in den folgenden
Jahrzehnten in größerem Stil arrondieren. Nach dem
Besitzantritt in Hohenthurn/Straja vas wurde er Mit-
glied, rasch auch Vorsitzender (Richter) des Ausschus-
ses der damaligen Steuergemeinde Hohenthurn/Straja
vas und zudem Oberrichter im Landgericht Straßfried.
1848 kandidierte M. bei den ersten Reichsratswahlen,
unterlag jedoch in der Stichwahl. M. wurde zeitgleich
→
Abgeordneter zum Kärntner Landtag und in Folge
Mitglied des provisorischen Landtags-Ausschusses
(bis 1858), zudem 1850–1861 erster → Bürgermeister
der Großgemeinde Straßfried (seit 1851 Hohenthurn/
Straja vas) (→ Standardsprache).
M. war ein typischer Repräsentant der sog. deutsch-
freundlichen Richtung des agrarischen Dorfbürger-
tums. Als Abgeordneter und Bürgermeister war er eine
der einflussreichsten Persönlichkeiten des Unteren
→
Gailtals/Spodnja Zilja im ersten Jahrzehnt nach
1848. Seine sog. deutschfreundliche und seine persön-
lich motivierte, mitunter geradezu schroff antiklerikale
und antikonservative Haltung spiegelte auch sein lang-
jähriger und beidseitig mit Vehemenz geführter Streit
mit dem Pfarrer von Göriach/Gorje (Gorjane), Matija
→
Majar, um den Bau der örtlichen Volksschule und
die Frage der deutschen oder slowenischen Unter-
richtssprache wider (→ Schulwesen).
M.s Sohn Johann (1826–1900) war in der ersten
Hälfte der 1870er-Jahre ebenfalls Landtagsabgeordne-
ter, langjähriges Mitglied der Gemeindevertretung und
zuletzt Bürgermeister von Hohenthurn/Straja vas. Die
Familie stellte mit M.s Enkel Alois (1869–1937) und
seinem Urgroßneffen Filip (Philipp) → Millonig
(1869–1937) zwei weitere Bürgermeister von Hohen-
thurn/Straja vas. M.s Enkel Simon Michor, Gastwirt
und Holzhändler in Nötsch im Gailtal/Čajna und Bür-
germeister der Gemeinde Emmersdorf/Smerče wurde
1909 als sog. liberaler Kandidat Landtagsabgeordneter
für den Wahlbezirk Arnoldstein-Tarvis/Podklošter-
Tarvisio/Trbiž (→ Abgeordnete). Ein Nachlass M.s
bzw. ein Familienarchiv sind nicht vorhanden.
Quellen : ADG : Tauf-, Heirats- und Sterbematriken ; Hof- und
Staatshandbücher 1848–1859.
Lit.: T. Domej : Die Slowenen in Kärnten und ihre Sprache mit besonde-
rer Berücksichtigung des Zeitalters 1740 bis 1848 (Phil Diss. Universität Wien). Wien 1986, 440 f.; P. Wiesflecker : Drei alte Grabsteine erzäh-
len eine Familiengeschichte. In : Mitteilungsblatt der Gemeinde Hohen-
thurn 2 (2005), 12–13 ; P. Wiesflecker : Hohenthurn. Geschichte eines
Lebensraums und seiner Menschen. Klagenfurt 2009.
Peter Wiesflecker
Millstatt (slow. Milštat). Klostergründung um 1070
durch den bayerischen Pfalzgrafen Aribo (II.) und
dessen Bruder Poto (Boto). Die ersten Mönche ka-
men vielleicht aus der Aribonen-Stiftung Seeon. Die
Gründung einer → frühmittelalterlichen Kirche in M.
wird traditionell dem hl. → Domitian zugeschrie-
ben ; dieser wird mitunter als slawischer Edler bzw.
karantanischer Fürst aus der Zeit um 800 angesehen
(→ Karantanien, → Duces Carantanorum, → Christia-
nisierung, → Inkulturation). Im 17./18. Jh. wurde Do-
mitian als Quasi-Landespatron Kärntens verehrt. Der
erste namentlich bekannte Abt des Benediktinerklos-
ters, Gaudentius, kam nach 1091 – über → St. Paul
im Lavanttal/Šentpavel v Labotski dolini – aus dem
Reformkloster Hirsau nach M. Pfalzgraf Engelbert
unterstellte M. 1122 päpstlichem Schutz (Calixt II.).
Als Patrozinien der Stiftskirche sind seit dem 12. Jh.
Christus Salvator und dann Allerheiligen bekannt. Im
12. Jh. erlebte M. eine Blüte von Skriptorium und Ma-
lerei (bedeutende frühmittelhochdeutsche Handschrif-
ten). Ende des 13. Jh.s erfolgte nach einem Brand der
Neubau des Klostergebäudes. Der Niedergang des mo-
nastischen Lebens begann im 15. Jh. Vögte des Klos-
ters waren die Grafen von Görz (1137 bis 1385/89),
dann die Grafen von Ortenburg, nach 1418/20 die
→ Grafen von Cilli und nach 1456/60 der Habsburger
Kaiser Friedrich III. Dieser erwirkte 1469 bei Papst
Paul II. die Aufhebung des Klosters M., das als Sitz
des neu gegründeten St. Georgs-Ritterordens (erster
Hochmeister : Johann Siebenhirter) erkoren wurde.
Eine weitere Beeinträchtigung des Klosters wurde
durch Türkeneinfälle (bes. 1478) verursacht. Nach Auf-
hebung des St. Georgs-Ritterordens kam M. 1598 an
das Grazer Jesuitenkollegium. Nach Aufhebung des
→ Jesuitenordens 1773 wurde die Jesuitenresidenz in
eine staatliche Studienfondsherrschaft umgewandelt.
Die Stiftskirche wurde zur Pfarrkirche. Ein seit dem 12.
Jh. in M. bestehendes Frauenkloster wurde 1455 auf-
gehoben.
Lit.: E. Weinzierl-Fischer : Geschichte des Benediktinerklosters Millstatt
in Kärnten (Archiv für vaterländische Geschichte und Topographie
33). Klagenfurt 1951 ; F. Nikolasch (Hg.) : Studien zur Geschichte von
Millstatt und Kärnten. Vorträge der Millstätter Symposien 1981–1995
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 2 : J – Pl
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur