Seite - 934 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Bild der Seite - 934 -
Text der Seite - 934 -
934
Muri, Ignac(ij)
M. setzte sich als Landtagsabgeordneter insbeson-
dere für sprachpolitisch relevante Sachthemen ein,
scheiterte jedoch durchgehend an den deutschnati-
onalen Machtverhältnissen. So forderte er 1884 zu-
sammen mit Andreas → Einspieler sowie mit den
deutschsprachigen Abgeordnetenkollegen Hermann
→ Mertlitsch, Albert → Pucher, Gabriel Jesser-
nigg und Leobegar Canaval slowenische Überset-
zungen des → Landesgesetzblattes. Nicht von Erfolg
gekrönt war aus demselben Grund sein Einsatz für slo-
wenische Grundbucheintragungen 1888, gegen die sich
allerdings auch der slowenische Abgeordnete Matthias
→ Abuja aus dem → Gailtal/Zilja aussprach (→ As-
similant, →
Deutschtümler). Ebenso war sein Einsatz
zusammen mit Andreas und Gregor → Einspieler
sowie mit Franz → Grafenauer für eine slowenische
Berufsschule für Schmiede in den Jahren 1889–1890,
1894, 1897 und 1899 nicht von Erfolg gekrönt.
In den Jahren 1887 und 1888 lässt Ministerpräsident
Eduard Taaffe durch seinen Sektionsrat Hörmann
zweifach beim Kärntner Landespräsidenten Franz
Schmidt-Zabierow intervenieren, um die Kandida-
tur von M. als Kandidaten der konservativen klerika-
len Partei bei Nachwahlen zum Reichsrat zu bewegen
bzw. zu unterstützen (die erste fand am 14. März 1887
statt, wurde von den Slowenen jedoch aus Protest boy-
kottiert). Bezeichnend ist eine Argumentation, die als
Konstante im gesellschaftlichen Diskurs bis ins 21. Jh.
wirken sollte, da es im Schreiben von Hörmann vom
3. September 1888 an den Landespräsidenten heißt :
»Derselbe [Franz Muri] – dermal Landtagsabgeordne-
ter – soll, wenn auch Slowene, ein sehr mäßiger, ruhig
denkender Mann sein, dessen Wahl als eine gute be-
zeichnet werden müsse.« Die ethnische Zugehörigkeit
zu den Slowenen wurde zunehmend zum Ausschlie-
ßungsgrund per se aus der politischen Partizipation
(→ Assimilationszwang). Dies bestätigte in seinem
Antwortschreiben vom 21. September 1888 der Land-
tagspräsident, der die Erfolgsaussichten von M. von
vorneherein gering einschätze, da M. der Unterstützung
aus dem deutschsprachigen Wahlbezirk Feldkirch/Trg
bedürfte und zudem : »Durch die Wahlordnung ist der
zum Bezirke Klagenfurt gehörige ganz slovenische
Gerichtsbezirk Ferlach zu Villach geschlagen wor-
den, eben um die natürliche slovenische Majorität in
Völkemarkt-Klagenfurt zu alterieren.« (→ Germani-
sierung ; → Germanisierung, statistische ; → Wahlkrei-
seinteilung). Im gegenständlichen Fall erübrigte sich
schließlich die Frage der Kandidatur von M., der nur zögerlich zustimmte, da der 1885 von Slowenen im
Wahlkreis Klagenfurt-Völkermarkt/Celovec-Velikovec
gewählte deutschsprachige Abgeordnete Felix Baron
Pino-Friedenthal an seinem Mandat festhielt. Bei
der Wahl 1891 unterlag er schließlich einem deutsch-
sprachigen Kandidaten (→ Wahlordnungen).
Quellen : KLA, ÖNB, Stenographische Protokolle des kärntneri-
schen Landtages ; Stenographische Protokolle der zweiten Session aus
der zweiten Wahlperiode des kärntnerischen Landtages zu Klagenfurt.
Vom 19. August bis 8. Oktober 1868, Klagenfurt, Kleinmayr 1868 (?)
(Protokoll der 21. Sitzung der II. Session am 30. 9. 1868 S. 379 f. [S.
393 f.], Protokoll der 26. Sitzung der II. Session am 6. 10. 1868, S.
499 f. [503 f.]) ; Stenographische Protokolle des kärntnerischen Landta-
ges IV. Session der VI. Wahlperiode des kärntnerischen Landtages vom 24.
November 1887 bis 21. Dezember 1887 und vom 9. Jänner 1888 bis 19.
Jänner 1888, Klagenfurt, Kleinmayr 1888, S. XLVI und 693
ff.
Lit.: SBL (A. Pirjevec). – W. Müller (Hg.) : Inhalts-Verzeichnis über die
Beschlüsse des Kärntn. Landtages vom Jahre 1861 bis einschließlich 1898.
Klagenfurt 1900 ; Ante Beg : Narodni kataster Koroške. V Ljubljani, dne
2. julija 1910, S. 19 (http://www.sistory.si/SISTORY :ID :27172) ;
Slovenec 1926, št. 174, 3 (Nekrolog) ; Koroški Slovenec 1926, Nr. 32,
3 ; Jutro 1931, št. 187, ponedeljska izdaja, 3 (Nekrolog Karel Cho-
dounsky) ; A. Skedl (Hg.) : Der politische Nachlaß des Grafen Eduard
Taaffe. Wien [e. a.] 1922, 323 ff., 340 ff.; J. Liška (Hg.) : Koroški Slo-
venci v Avstriji včeraj in danes. Ljubljana 1984, 185 ff.
Bojan-Ilija Schnabl
Muri, Ignac(ij) (Ps.: Natorog il Šanzop [rückwärts ge-
lesen ergibt dies »Poznaš li Gorotan«/Kennst du den
→ Korotan ?]), Korotanec, Zamejski Slovenec ; * 11.
August 1891 Zgornje Jezersko [Jezersko, Koroška],
† 20. November 1975 Klagenfurt/Celovec), Priester
und Kulturaktivist.
Nach der Volksschule in Zgornje Jezersko, das da-
mals noch zum Kronland Kärnten/Koroška zählte, so-
wie in Kranj, besuchte er 1902–1910 das Gymnasium
in Kranj und maturierte mit Auszeichnung. 1911–1915
besuchte er das Priesterseminar in Klagenfurt/Celovec,
wo er einige Zeit Redakteur der Zeitschrift → Brato-
ljub war. Am 15. Juli 1914 erhielt er kurz vor dem Aus-
bruch des Ersten Weltkrieges die Priesterweihe. Von
Juni 1915 bis Juni 1916 war er in verschiedenen Pfar-
ren Kaplan : in Guštanj (heute →
Ravne na Koroškem),
in Jezersko und in → Bleiburg/Pliberk. Danach war
er Administrator in Latschach/Loče (bis zum 31. Juli
1918) und Kaplan in → Ferlach/Borovlje. In der Zeit
vor und nach der → Volksabstimmung war er Pfarrpro-
visor in Ludmannsdorf/Bilčovs (1. November 1918–31.
Mai 1921). Danach war er Pfarrprovisor in Gorent-
schach/Gorenče bei Ruden/Ruda und vom 17. Juli
1923 ebendort Pfarrer bis nach dem Ende des Zwei-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 2 : J – Pl
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur