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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
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936 Murko, Matija tung der Reformation und der →  Gegenreformation bei den Südslawen beurteilt. Sein ständiges Suchen nach dem geistigen Standort – sein für ihn typisches wissenschaftliches Credo – reflektiert seine Arbeit Die Bedeutung der Reformation und Gegenreformation für das geistige Leben der Südslaven (1925–1927). M. stellte die slowenische Literatur in einen breiteren, auch kultur- historischen Kontext, so auch die einzelnen sloweni- schen Autoren und ihre Probleme. Am meisten Platz als Einzelpersönlichkeit räumte er →  Prešeren ein. M.s Einfluss auf die Umgestaltung der slowenischen Literaturgeschichte zu einer Wissenschaft war enorm. Über biografische Porträts befasste sich M. mit der Erforschung der Entwicklung der Slawistik, schrieb über ihre bedeutenden Vertreter (Jan Kollár, Jernej →  Kopitar, Vuk Karadžić, Vatroslav Jagić, Vatros- lav →  Oblak, seine Miklosich-Biografie Miklosich’s Jugend- und Lehrjahre 1898 ist in ihrer Art bis heute nicht übertroffen worden). Schon früh befasste er sich mit Volkskunde (→  Eth- nologie) und erstellte ein Programm für ihre systema- tische Entwicklung in den slowenischen Ländern. Zu Beginn des 20. Jh.s führte er methodisch die Verbindung philologischer Aspekte mit der materiellen Volkskultur ein. Nach dem Tod Karel →  Štrekeljs leitete er den slowenischen Teil der großen Sammelaktion für Das Volkslied in Österreich. Als Ethnograf verfeinerte M. die Methodik der wissenschaftlichen Arbeit, vor allem durch das Studium der geistigen und materiellen Kultur vor Ort (→  Brauch, →  Volkskunst, →  Volkslied). Zwischen 1909 und 1932 übernahm M. mehrere Reisen in die südslawi- schen Länder, um vor Ort die serbische und kroatische Volksepik zu erforschen. Seine Niederschriften, Fotos und Tonaufnahmen dokumentieren die Entstehung und den Einfluss der Volkslieder in ihrem Lebensumfeld. Er veröffentlichte laufend einzelne Ergebnisse, die er jedoch erst nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer erschöpfen- den Monografie zusammenfasste. M. wurde neben Vuk Karadžić zum bedeutendsten Sammler und Kenner der serbischen und kroatischen Volksepik. Er prägte entscheidend die Entwicklung der slo- wenischen Ethnologie. Im Letopis Matice Slovenske [Jahrbuch der Slowenischen Gesellschaft für Wis- senschaft und Kultur] für das Jahr 1896 erschien sein Bericht über die volkskundliche Ausstellung in Prag 1895 ; der Abschnitt Nauki za Slovence [Lehren für die Slowenen] kommt einem ethnologischen Programm auf Grundlage von Philologie (Studium des Volks- geistes) und ethnologischer Theorie (Evolutionismus, Diffusionismus) gleich. Die Ethnologie definiert M. als Wissenschaft vom Leben des Volkes, dazu sollten Forschungen zur materiellen, gesellschaftlichen und geistigen Kultur eingesetzt und institutionalisiert (wis- senschaftliche Gesellschaft, Museum) sowie die Sam- meltätigkeit gefördert werden. Die Kultur eines Volkes war für M. nicht etwas Einzelnes, Altes, Ursprüngliches, sondern ein kulturhistorischer Prozess mit nationalen Eigenheiten und einer modernen Kultur (Zivilisation). Die Kenntnis der Volkskultur war für ihn ein wichtiger Teil der Kenntnis einer Nation und ihres nationalen Selbstbewusstseins. Dass er interkulturell ausgerichtet war, zeigt sich auch an seiner Behandlung der Bautradi- tion (1905, 1906), in der er das slowenische Gebiet als einen Schnittpunkt der Kulturen der mittelländischen, germanischen und balkanischen Kultursphären (→  In- kulturation, →  Volksarchitektur) auffasste. M. verband das Studium der »nationalen Eigenheiten« mit sprach- und literaturwissenschaftlichen Aspekten : ersterer un- terstützte das Studium der materiellen Kultur (vgl. die Abhandlungen in Wörter und Sachen 1910, 1913, 1929), letzterer das Studium der Volksdichtung (1929, 1931, 1951). Die Bewusstwerdung der Volkskunde als auto- nome Disziplin setzte sich aus der Thematik und der Forschungsmethode zusammen : M. erkannte, dass man die Volkskultur nur über das lebendige Leben kennen- lernen kann, und hat mit seiner eigenen vorbildlichen Feldforschung diese programmatisch eingeführt. Da- mit war die philologische Behandlung der Texte einer Kultur nicht mehr exklusiv, es blieb aber die positivis- tisch-komparative und kulturhistorische Methodologie. Am Ende des Ersten Weltkrieges beteiligte er sich an der kulturpolitischen Problematik der jugoslawischen Frage. Da er aber zum Neoillyrismus neigte, entfernte er sich von der mehrheitlichen Einstellung der slowe- nischen Öffentlichkeit. In späteren Jahren nahm M. am slowenischen kulturellen Leben nicht mehr direkt teil, wesentlich tiefere und dauerhafte Spuren hinterließ er bei den Tschechen (er hatte aber seine Kinder in ih- rer slowenischen →  Identität bestärkt, so dass alle drei nach 1920 nach →  Jugoslawien »heimkehrten«). M. ist ein vorbildlicher Beweis dafür, dass man das Fach un- abhängig vom Ort der Tätigkeit entwickeln, trotzdem aber auch in der Heimat als Wissenschafter europäi- schen Ranges anerkannt und geschätzt werden kann. Im Verlag der →  Slovenska matica in Ljubljana erschien mit Spomini [Erinnerungen] (1951) die Übersetzung seiner in tschechischer Sprache erschienen Paměti [Erinne- rungen] (1949). M. organisierte im Jahr 1883 die große
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Untertitel
Von den Anfängen bis 1942
Band
2 : J – Pl
Autoren
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
502
Kategorien
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 547
  2. Lemmata Band 2 J – Pl 549
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