Seite - 950 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
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Narodni Svet za Slovenijo
Koroška. Die in der Gemeinde St. Jakob im Rosental/
Šentjakob v Rožu politisch dominante slowenisch-
konservative Partei hatte 1892 erreicht, dass das Minis-
terium für Kultus und Unterricht in der fünfklassigen
öffentlichen Volksschule die slowenische Unterrichts-
sprache – im Gegensatz zur utraquistischen Schulform
– verordnete (→ Schulwesen). In den Jahren 1900–1901
jedoch stellte das deutschnationale Lager in St. Jakob/
Šentjakob mithilfe der beim Bau des Karawanken-
tunnels beschäftigten Arbeiter Gegenpetitionen, die
eine Rückwandlung dieser Schule zur utraquistischen
Schulform verlangten. Der folgende Streit um die Un-
terrichtssprache an der St. Jakober Schule endete 1904
mit der Aufteilung der fünfklassigen Volksschule mit
slowenischer Unterrichtssprache in eine dreiklassige
Schule mit slowenischer Unterrichtssprache und eine
vierklassige utraquistische Schule. Enttäuscht vom
Vorgehen der Landesbehörden in der Frage der einzi-
gen fünfklassig organisierten Schule mit slowenischer
Unterrichtssprache in Kärnten/Koroška initiierte der
Pfarrer von St.
Jakob/Šentjakob Matej → Ražun 1904
den Bau einer slowenischen Privatschule. Mithilfe von
Privatspenden und der finanziellen Unterstützung der
→ Mohorjeva, die für rund zwei Drittel der Baukos-
ten aufkam, konnte im September 1908 das Gebäude
der N. š. eingeweiht werden. Noch im November 1908
übersiedelte die dreiklassige Volksschule mit sloweni-
scher Unterrichtssprache in das neue Gebäude. Die
Leitung der Schule übernahmen 1908 slowenische
Schulschwestern aus Maribor. Der Protagonist der
N. š., Matej Ražun, verteidigte die Gründung der slo-
wenischen Privatschule in der slowenischen Wochen-
zeitung → Mir und veröffentlichte zwei Broschüren V
boj za slovensko šolo [In den Kampf für die slowenische
Schule] (1904) und Bodoča narodna in gospodinjska šola
v Št. Jakobu v Rožu [Die zukünftige Volks- und Haus-
haltungsschule in St. Jakob im Rosental] (1905). Für
die überwiegend slowenisch-einsprachigen Kinder
forderte er den Unterricht in der →
Muttersprache.
Ražun trat für ein ganzheitliches Lernen auf Grund-
lage der Muttersprache ein, was auch das Erlernen der
deutschen Sprache einschloss. 1912 wurde der erste
hauswirtschaftliche Kurs für Mädchen abgehalten,
1917 bekamen die Schulschwestern die Erlaubnis, ein
Waisenhaus für Mädchen einzurichten. Die Volks-
schule mit slowenischer Unterrichtssprache war bis zur
→ Volksabstimmung in der N. š. untergebracht. Trotz
mehrmaliger Anträge des Vereins →
Slovensko šolsko
društvo [Slowenischer Schulverein], in dessen Besitz sich die N. š. befand, verhinderten nach der Volks-
abstimmung sowohl die Landesbehörden als auch
die Gemeinde konsequent die Wiedereröffnung bzw.
Fortführung einer öffentlichen slowenischen Schule in
St. Peter/Šentpeter. Die Schulschwestern führten nach
1920 das Waisenhaus weiter und organisierten in den
1930er-Jahren halbjährige Haushaltungs- und Näh-
kurse für Mädchen. Im April 1941 konfiszierten die
nationalsozialistischen Machthaber das Gebäude der
N.
š. und vertrieben die Schulschwestern.
Quelle : ADG, Personalakte Franz Treiber ; šematizem [Schematis-
mus] Maribor ; INV, Ljubljana.
Lit.: Koroška provinca šolskih sester (Hg.) : 100 let Št. Ruperta/100
Jahre St. Ruprecht. Celovec 1996 ; DiD, 5 (1949) 8–9 ; Koroška kro-
nika 22. bzw. 29. 3. 1946 ; Jubilejni zbornik ob 100-letnici izobraževalne
ustanove Zavoda šolskih sester v Št. Petru. Festschrift 100 Jahre Bildungs-
einrichtung des Konvents der Schulschwestern in St. Peter. Vetrinj/Vik-
tring 2008.
Simon Trießnig, Hanzi Filipič
Narodni Svet za Slovenijo [Nationaler Rat für Slo-
wenien], gegründet am 16. und 17. August 1918 in
Ljubljana mit regionalen Ausschüssen für Kärnten/
Koroška, Steiermark/Štajerska (= Untersteiermark/Spo-
dnja Štajerska), Küstenland/Litorale/Primorje (→ Gori-
zia/Gorica/Görz) und → Trieste/Trst/Triest als höchs-
tes politisches Organ für ein selbstständiges Slowenien,
wie es die → Maideklaration von 1917 (allerdings noch
im Rahmen der Monarchie) gefordert hatte. Bereits im
September 1918 formulierte Dr. Milko Brezigar für
den N. Sv. ein Wirtschaftsprogramm für Slowenien
(Oris slovenskega narodnega gospodarstva). Am 6. Okto-
ber 1918 wurde als oberstes Organ aller Nationalen Räte
das Narodno vieće (N. V.) [Nationale Versammlung] in
Zagreb für alle südslawischen Völker eingesetzt, dessen
Geschäftsordnung bereits vorsah, dass »auf Grundlage
der Einheit der südslawischen Völker ein selbstständi-
ger südslawischer Staat erkämpft werden sollte«. Am
29. Oktober 1918 wurde in Ljubljana feierlich das Ende
der Habsburgermonarchie proklamiert. In Zagreb ver-
kündete der kroatische Sabor die Lostrennung von
der Habsburgermonarchie und erklärte den N. V. zum
obersten Organ des neu ausgerufenen Staates SHS, der
folgende »unabhängige Staaten« einschloss : Dalmatien,
Bosnien und Herzegowina ; Kroatien mit Slawonien,
Rijeka und Slowenien. Der N. Sv. für Slowenien stellte
eine nationale slowenische Regierung auf, die vom N. V.
in Zagreb sofort bestätigt wurde und die eine erste Note
an die Regierungen der USA, Großbritanniens, Frank-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 2 : J – Pl
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur