Seite - 54 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Band 3
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verwalte. In der That lag das Geheimniß seiner Erfolge zumeist in einer Zähigkeit und
Ausdauer, welche das ermüdende Moment der Zeit nicht kannte, und in einem weiten
politischen Blicke, der im raschen Wechsel der Dinge das Bleibende zu erkennen und festzu-
halten wußte. Bei dieser Anlage seines Wesens konnte es nicht anders sein, als daß die
Geschichte Momente tiefster Demüthigung, die der Kaiser über sich ergehen lassen mußte,
zu verzeichnen hat. Aber zuletzt hat er alle Gegner besiegt, indem sich dieselben gegenseitig
aufrieben oder er sie überlebte. Vor Allem aber wurzelte tief in ihm der Glaube an das
Glück und die Zukunft seines Hauses, ein Glaube, den er in die räthselhaften Buchstaben
L I 0 II, das ist: Alles Erdreich ist Österreich Unterthan, oder: ^ustiiae est imperare
ordi umverso zusammenfaßte. Selbst schweres Unglück konnte diesen Glauben in ihm nicht
erschüttern. Mitten in harter Bedrängniß, als ihn die Stände zur Auslieferung des nach-
geborenen Ladislaus zwangen (1452), erneuerte er aus kaiserlicher Machtvollkommenheit
die rudolfiuischen Hausprivilegien und den ans dem Naius abgeleiteten erzherzoglichen Titel,
zunächst für die Angehörigen seiner Linie. Und während der alte „Weißknnig" daheim in
seinem geliebten Wiener-Neustadt im Sorgenstuhle sitzend seine Schätze musterte oder im
Garten süßes Obst und Trauben züchtete nnd die rauhe Welt draußen stürmen und toben
ließ, sann er beständig aus die Erhöhung seines Hauses. Zur Zeit, wo der alte Reichskörper
sich bereits in seine Theile aufzulösen anfing, wo aber im Westen Europas das französische
Reich sich immer stärker und einheitlicher organisirte, im Osten die Türkenmacht aufs
höchste stieg, legte er den Grund zur Großmachtstellung seines Hauses, welches, zugleich an
der Spitze Deutschlands stehend, die Kräfte desselben zusammenhalten und zur Abwehr
nach Osten und Westen einen sollte. Er hat den ersten jener Verträge geschlossen, welche die
Erwerbung Ungarns sür sein Haus vorbereiteten, und in Burgund jene Beziehungen
angeknüpft, welche bald seiu Haus in den Mittelpunkt der großen Politik Europas stellten.
Friedrich lieferte die Stefanskrone, mit der er sich, von den Gegnern des Matthias
zum König gewählt, zu Wiener-Neustadt hatte krönen lassen, an den Eorvinen aus und
erhielt dafür in dem Ödenbnrger Vertrage (1463) die Zusicherung, daß Ungarn an sein
Haus fallen sollte, falls Matthias ohne Erben sterben würde Der Kaiser behielt den Titel
„König von Ungarn" bei und nahm Matthias Corvinns an Sohnes Statt an, um so
anzudeuten, daß das Habsburgische Haus die eigentlich in Ungarn regierende Familie sei.
Als der Kaiser später mit Matthias zerfiel, suchte er eine Stütze an Karl dem Kühnen
zn gewinnen, der das Herzogthum Burgund (als französisches Lehen), die zum deutscheu
Reiche gehörige Freigrafschaft Burgund und die Niederlande behetrfchte und den bereits
von seinem Vater Philipp dem Guten, dem Stifter des Ordens des goldenen Vließes,
gehegten Plan, seine durch Handel und Gewerbefleiß blühenden Gebiete zu einem König-
reiche zu erheben, in großartiger Weise wieder aufnahm. Denn nicht umsonst hatte sich einst