Seite - 60 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Band 3
Bild der Seite - 60 -
Text der Seite - 60 -
60
Indeß gingen diese Kämpfe nicht lediglich von persönlichen Motiven aus. Man muß
sich vielmehr gegenwärtig halten, daß im XV. Jahrhundert sich neben dem französischen
das burgundische Staatswesen ausgebildet hatte, und daß es eine Zeitlang zweifelhaft
schien, welcher der beiden Staaten eine größere Anziehungskraft auf die umliegenden Gebiete
ausüben werde, eine Frage, die erst durch die Einziehung der Lehensherzogthümer Burgund
und Bretagne zu Gunsten der französischen Krone entschieden wurde. Indem nun Maximilian
durch die burgundische Heirat mit diesen durchaus neuen Verhältnissen in Berührung kam,
uahmen dieselben durch seine eigenartige Persönlichkeit allerdings sofort ein individuelles
Gepräge an, zugleich aber floß — namentlich seit seiner Erhebung auf den deutschen
Thron — die burgundische Frage mit der allgemeinen europäischen zusammen. Fortan
handelte es sich nicht mehr blos um den Besitz dieses oder jenes Landes, das Ziel des
Ringkampfes lag höher. Es war das Kaiserthum und mit demselben die Weltherrschaft,
welche die Könige Frankreichs den Habsbnrgern zu bestreiten suchten. Schon jetzt wußten
die Franzosen im Bunde mit Venedig Maximilians Romfahrt zu hintertreiben, so daß sich
dieser mit dem Titel eines „erwählten" römischen Kaisers begnügen mußte, den sich seine
Nachfolger unmittelbar nach ihrer Krönung in Aachen beilegten.
Indem sich Maximilian der Coalition anschloß, welche Karl VIII. von Frankreich
zum Aufgeben Neapels zwang, trat er mit dem spanischen Königshause in nähere Ver-
bindung. Die damit zusammenhängende Vermählung seines Sohnes Philipp mit der
Jnsantin Juaua legte den Grund zur Erwerbung jener spanischen Reiche, die eben damals
Christos Colnmbns verdoppelt hatte.
Knüpfte Maximilian im Westen die folgenreichste» Verbindungen an, so vergaß er
darüber die große Aufgabe, die seines Hauses im Osten harrte, doch keineswegs. Nach dem
Tode des Corvinen Matthias gewann er mit dem Schwerte in der Hand die alte Ostmark
des Reiches wieder und suchte auch die Rechte seines Hauses auf Ungarn, welche der
Ödenburger Vertrag begründet hatte, gegenüber dem Böhmenkönige Wladislav, den die
Ungarn durch Wahl auf ihren Thron berufen hatten, zu verfechten. Gab er auch in dem
Frieden zu Preßburg (1491) für den Augenblick seinen Anspruch auf, so sicherte er doch
denselben für die Zukunft, indem er nicht nur von dem König, sondern auch von einzelnen
Reichsständen die eidliche Zusage empfing, daß, falls jener ohne männliche Nachkommen
sterben oder sein Mannesstamm erlöschen würde, die Krone Ungarns auf ihn, auf einen
seiner Söhne oder auf einen zu wählenden direeten Nachkommen derselben übergehen sollte.
Als sodanu eine ihm abgeneigte Partei, an deren Spitze der ehrgeizige Wojwode von
Siebenbürgen Johann Zapolyai stand, jenen Vertrag als nngiltig widerrief, griff
Maximilian wieder zu den Waffen und legte sie nicht eher nieder, als bis durch einen
ueueu Friedensschluß sein Anrecht gesichert ward. Ihren krönenden Abschluß fanden diese