Seite - 62 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Band 3
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Nachfolge des Hauses Habsburg gegen alle Anfechtungen gesichert. Schlossen die habs-
bnrgisch-jagellonischen Erbverträge die weibliche Linie von der Thronfolge aus, während
doch nach der Analogie früherer Fälle den weiblichen Verwandten ein Anspruch auf
dieselbe zukam, so fanden nunmehr jene Tractate in der Anknüpfung verwandtschaftlicher
Bande die willkommene Ergänzung. Fast noch wichtiger aber war Annas Vermählung
mit Ferdinand bezüglich Böhmens, da die von Karl IV. 1348 für dieses Land erlassene
goldene Bulle den Ständen die unbeschränkte Wahl eines Königs nur in dem Falle
gestattete, daß kein männlicher oder weiblicher Sprößling der regierenden Familie
vorhanden war, somit diese Krone rechtlich auf Anna überging.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß Maximilian die letzte erfüllende Aufgabe
seiues Lebens in der Besiegung der Feinde des Glaubens erblickte. In jenem allegorischen
Gedichte bezeichnet die Königin Ehrenreich dem Helden Tenerdank die Vernichtung der
Ungläubigen, den Sieg über die Türken als das hohe Ziel, das er sich stecken müsse, um
sich ihrer Hand und himmlischer Ehre werth zu zeigen. Wiederholt beschäftigte Maximilian
der Plan eines großartigen Türkenzuges. Das Lateranconcil von 1517 faßte den Beschluß
eines allgemeinen Kreuzzuges, dessen Führung Maximilian als Schirmvogt der Kirche
übernehmen sollte. Der Papst übersandte ihm die geweihten Waffen: Helm und Schwert.
Aber die Reichsfürsten zeigten für die drohende Gefahr der Türkenmacht kein Verständniß.
Wie frühere Reichstage, so löste sich auch der letzte, den Maximilian zu Augsburg ver-
sammelt hatte, auf, ohne etwas Nennenswerthes vorgekehrt zu habeu.
In wehmüthiger Stimmung ritt der Kaiser ans der Stadt, der er, ans dem Lech
selde angelangt, in Vorahnung seines nahen Todes einen Abschiedsgruß zuwiukte. Bald
darnach schied er zu Wels, am 12. Januar 1519, aus seinem thatenreichen Leben, bis zum
letzten Athemzuge auf das Wohl seines Hauses bedacht, in dessen Stammgeschichte er noch
ans dem Todbette, nachts, wenn der Schlaf die müden Lider floh, Zerstreuung suchte.
Maximilian steht an der Grenze des Mittelalters und der neuen Zeit. In Vielem
noch au das Mittelalter erinnernd und insoferne mit Recht „der letzte Ritter" genannt,
war er doch anderseits recht eigentlich der Sohn seines Jahrhunderts, voll Verständniß nicht
mir für die geistigen Schwingungen, sondern auch für die politischen Bedürfnisse seiner Zeit.
Zwar im deutschen Reiche hat er die an seine Erhebung auf den Thron sich knüpfenden
Erwartungen einer durchgreifenden Reform nicht ganz erfüllt. Daran trug aber Maximilian
nicht allein die Schuld, zum nicht geringen Theile fällt dieselbe auf die Kurfürsten zurück,
welche in ihrer Mehrheit wenigstens nicht so sehr eine Beseitigung der vorhandenen Übel-
ftände als vielmehr die Erweiterung ihrer eigenen Macht und die dauernde Schwächung der
Kaisergewalt anstrebten. Doch bezeichnen die Einführung des ewigen Landfriedens, die
Einsetzung des Reichskammergerichtes und die Eintheilung des Reiches in Kreise immerhin