Seite - 83 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Band 3
Bild der Seite - 83 -
Text der Seite - 83 -
83
Kaiser Ferdinands I. dritter Sohn Karl, der Stifter der steirischen Linie, nahm eine
Mittelstellung zwischen dem protestantenfreundlichen Maximilian und dem streng katholischen
Ferdinand ein, wie ja anch seine Länder in der Mitte lagen zwischen den Besitzungen des
einen und des andern. Anch Karl soll anfangs zur nenen Lehre geneigt haben. Es stammt
diese Nachricht aus der Zeit, als über seine Vermählung mit der englischen Königin
Elisabeth verhandelt wurde, ein Project, an welches man katholischer- wie protestautischer-
seits die größten Hoffnungen knüpfte. Doch kam die Heirat ebensowenig zustande als die
beabsichtigte Vermählung mit Maria Stuart, Karl reichte vielmehr Maria, einer baierischen
Prinzessin, die Hand, die, selbst streng katholisch gesinnt, allmälig ihren Gemal in derselben
Richtung zn bestärken snchte. Doch zwangen die äußeren Verhältnisse dem Erzherzog Karl
wiederholte mündliche Zugeständnisse an die Protestanten Jnnerösterreichs, die Pacifieation
von 1572 und das Brucker Libell von 1578 ab. Lawinenartig breitete sich von da an auch
in deu Thälern Jnnerösterreichs die ueue Lehre aus. Ihr gehörte fast der ganze Adel, in
den Städten der gebildetste und reichste Theil des Volkes an. Gerade der Umstand, daß
es hier nicht nur zu einer gemeinsamen Kirchenagende, sondern auch zur Bestellung einer
geistlichen Regierung nnter dem Rainen Ministerium kam, verlieh dem Protestantismus
seine Macht und hob ihn vorteilhaft von den verworrenen Zuständen des österreichischen
Nachbarlandes ab.
Es war den Protestanten überall sehr förderlich, daß die Türkennoth die Landes-
fürsten immer wieder zwang, sich um Geld und Truppen an die Stände zu wenden, welche
für jede Bewilligung die Abstellung ihrer religiösen Beschwerden heischten. Denn der Türken-
krieg brach nach Ablauf des letzten achtjährigen Friedens zwischen Ferdinand I. und der
Pforte vou neuem aus. Es war der letzte Feldzug Suleymans, der, obwohl krank und
altersschwach, noch eiumal nach Ungarn zog, um, wie er hoffte, eiueu Jugendtraum noch
vor seinem Hintritte zu verwirklichen. Aber die Wünsche seiner Poeten, „daß er sich schaukeln
möge gleich dem Cypressenzweig im Winde des Sieges", gingen nicht in Erfüllung.
Snleyman fand, wie einst vor Güns, diesmal vor Szigeth unerwarteten Widerstand. Der
Brand der Festung war seiue Todesfackel. Der greise Sultan starb im Lager vor Szigeth,
ehe noch Niklas Zrinyi mit dem Reste der Besatzung bei einem letzten Ausfalle den viel-
besungene» Heldentod erlitt. Suleymans Tod beendete den Krieg, sein Sohn Selim erneuerte
den Waffenstillstand mit dem Kaiser.
Es war ein Lichtblick in dieser dunklen Zeit, daß allen Entzweiungen zum Trotz sich
gerade au diesen Kämpfen die Idee der Solidarität der Christenheit zum erste» Male
entzündete. Wie schon früher zur Befestigung Wiens nicht nur die österreichischen Stände,
sondern auch die Reichsfürsten, die Häuser Fugger und Pitti (in Florenz) beigesteuert
hatteu, so konnte Kaiser Maximilian II. im Lager zu Raab neben den Trnppen der eigenen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Band 3
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Band
- 3
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.64 x 22.39 cm
- Seiten
- 278
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch