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In Ludwig XIV. setzte sich die äußere Politik der früheren französischen Könige und
Staatsmänner fort, iusoferne dieselbe auf die Vernichtung des Hauses Habsburg und auf
die Begründung des eigenen Übergewichtes in Europa gerichtet war.
Eigenthümlich aber waren die Mittel, durch welche Ludwig XIV. dies Ziel zu
erreichen suchte. Vor Allem ging sein Streben dahin, die beiden Linien des Hauses Habs'
bürg zu isoliren, nm sie sodann vereinzelt um so leichter bewältigen zu können. Schon der
westfälische Friede hatte die bisherige Verbindung der beiden Habsburgischen Monarchien
anfgelöst,da sich derÄaiser verpflichten mußte, an dem fortgesetzten Kriege zwischen Frankreich
und Spanien nicht teilzunehmen. Und vermochte anch Mazarin bei der nächsten Kaiserwahl
mit seiner Absicht, die auf die Verdrängung der Habsburger uud auf die Erhebung wenn
nicht seines eigenen Herrn, so doch eines anderen deutschen Fürstenhauses gerichtet war,
nicht durchzudringen, indem vielmehr Leopold I. die Stimmen der Kurfürsten auf sich
zu lenken wußte, so setzten es die französischen Intriguen doch durch, daß der neue Kaiser
durch die ihm auferlegte Wahlcapitulation und durch die Gründung des Rheinbnndes an
jedweder Unterstützung der Spanier gehindert wurde. Der dadurch bewirkten Jsolirnng
Spaniens ist es zuzuschreiben, daß endlich Philipp IV. sich entschloß, auf die vornehmste
Bedingung einzugehen, an welche die Franzosen ihre Einwilligung zum Frieden knüpften:
die Vermäluug seiner ältesten Tochter mit dem König von Frankreich, der auf diese Weise
das spanische Herrscherhaus dereinst friedlich beerben zu können glaubte.
Die spanische Thronfolge hatte einst König Alfons X., der Weise von Kastilien, in
der Art geregelt, daß die Söhne den Töchtern und diese wiederum sämmtliche!? anderen
männlichen Verwandten vorangehen sollten. Die spanischen Habsburger hatten an diesem
Gesetze nichts geändert; zugleich aber suchten sie für den Fall des Erlöschens ihres Manns-
stammes die Nachfolge der deutschen Linie ihres Hauses theils durch Wechselheiraten,
theils durch jene Verzichtleistungen zu sichern, zu denen sich die an fremde Fürsten —
insbesondere nach Frankreich — verheirateten Jnfantinnen verpflichten mußten. Auch
Ludwig XIV. und dessen Gemalin Maria Theresia hatten auf die Nachfolge in Spanien
verzichten müssen, während dies bei der Heirat Leopolds I. mit Philipps IV. jüngerer
Tochter Margaretha Theresia nicht der Fall gewesen war. Dies hinderte Ludwig keineswegs,
unter nichtigem Vorwande den Verzicht zu widerrufen und, als Philipp IV. noch in späten
Jahren ein Thronerbe, Karl II., geboren wurde, schon jetzt Ansprüche auf einen Theil der
spanischen Erbschaft, auf die Niederlande zu erheben, indem er sich auf ein dort geltendes
Recht (Devolutionsrecht) berief, wonach den Töchtern erster Ehe ein Erbrecht vor den Söhnen
zweiter Ehe zustaud. Auch diesmal kam es Ludwig XIV. darauf an, die deutsche Linie des
Hauses Habsburg von einer Unterstützung der spanischen Linie abzuhalten, was ihm um
so leichter gelang, als die Minister des Kaisers, Anersperg und Lobkowitz, eine friedliche
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Band 3
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Band
- 3
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.64 x 22.39 cm
- Seiten
- 278
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch