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In den Beziehungen Österreichs zur Pforte hat der Friede von Zsitvatorok eine
gewisse Bedeutung dadurch erlangt, daß bei dem Abschlüsse desselben der Kaiser zum ersten
Mal seinen Titel Dschasar erhielt und der jährliche Tribut gegen eine einmalige Zahlung
für immer erlassen wurde. Und wie schon hierin ein Zeichen des zunehmenden Verfalles
der Pforte lag, so hatte auch der Friede eine längere Dauer als die vorausgegangenen
Verträge dieser Art. Doch lebte die Erinnerung an Snleymans glanzvolle Unternehmungen
fort; als daher die Pforte uuter dem Vesirate der beiden Köprili von neuem erstarkte,
kehrte man noch einmal zu den stolzen Entwürfen früherer Zeit zurück, von deren Gelingen
zugleich eine günstige Rückwirkung auf die innere Festigung der osmauischeu Macht zu
erwarten stand. Diesmal war es zunächst die siebenbürgifche Bergveste, um deren Besitz
der Krieg zwischen dem Kaiser und der Pforte entbrannte, da die Absicht der letzteren
immer deutlicher hervortrat, jenes Land in ein unmittelbares Besitzthum des Großherrn,
in ein Pafchalik zu verwandeln. Zwar wurde dieses Vorhaben durch den glänzenden Sieg
des kaiserlichen Feldherrn Montecnccnli bei St. Gotthard an der Raab vereitelt. Aber die
Pforte gab, von Frankreich aufgereizt, ihre verderblichen Pläne umso weniger auf, als
sich in Ungarn selbst ein Aufstand vorbereitete, dessen Vorahnung den Abschluß des Friedens
von Vasvär beschleunigt hatte.
Die Ursache« der Unzufriedenheit Ungarns waren theils religiöser, theils politischer
Natur. In dem Linzer Frieden von 1645 war den Protestanten in Ungarn, wie schon im
Wiener Frieden (1606) eine gesetzliche Anerkennung zntheil geworden. Doch blieben einige
Punkte dieses Religionsfriedens unausgeführt, und sowie man die Schnld dessen vor Allem
der Wiener Regierung beimaß, so schob man derselben anch die Absicht unter, dem
Absolutismus, sowie dies seit der Schlacht am weißen Berge in den übrigen Ländern des
Kaisers der Fall war, allmälig auch in Ungarn Eingang zu verschaffen. Der Umstand,
daß statt der Reichstage bloße Notablenversammlnngen zur Berathung über die Angelegen-
heiten des Landes einberufen wurdeu und daß zu den letzten Friedensverhandlungen mit
den Türken nicht auch Ungarn beigezogen worden waren, gab zu Klagen über die Ver-
letzung der hergebrachten Verfassung des Landes Anlaß. Alle anderen Befürchtungen aber
überwog die Besorguiß für die nationale Selbständigkeit Ungarns. Mit tiefem Mißtrauen
erfüllten die Ungarn die deutschen Besatzungen in den Grenzplätzen sowie die fremd-
ländischen Truppen, die während des letzten Krieges in Ungarn lagerten, in denen sie nicht
so sehr eine Schutzwache gegeu die Türken als ein Werkzeug zu ihrer eigenen Knechtung
erblickten. Es war eine Stimmung, in welcher die UnHaltbarkeit der bestehenden Verhältnisse
znm vollen Ausdrucke gelangte und die daher zu einer entscheidenden Krise führen mußte.
Den Ausbruch dieser Krise bezeichnete die Magnatenverfchwörnng (1666 bis 1670),
an welcher sich Peter Zrinyi, der Ban von Kroatien, dessen Schwager der Graf Franz
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Band 3
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Band
- 3
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.64 x 22.39 cm
- Seiten
- 278
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch