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Christos von Fraugepäu, der Palatin Franz Vesselenyi, der oberste Hofrichter Franz
Nädasdy, Franz Raköezy und der steirische Graf Hans Erasmus von Tattenbach
theilweise aus persönlichen Motiven betheiligten. War die Opposition zngleich religiöser
und politischer Art, so zeigte jetzt auch die uach Entdeckung und Bestrafung der Ver-
schwörung beginnende Reaetiou dieses zwiefache Antlitz. Es hatte den Anschein, als sollte
nnninehr in Ungarn die Gegenreformation ebenso gewaltsam und energisch durchgeführt
werdeu wie iu Böhmen znr Zeit Ferdinands II. Und so wie Ferdinand II. die böhmischen
Stände der absoluten Gewalt der Krone unterworfen hatte, so sollten nun auch iu Uugaru
die autonomen Gewalten gebunden, die Macht des Adels durchbrochen und eine absolute
Regieruug eingeführt oder, wie man sich ausdrückte, „Ungarn auf den Fuß der übrigen
Erbländer gebracht werden". Mau ging von der Ansicht aus, daß sich die Uugaru als
Nation empört und demznsolge alle Rechte nnd Freiheiten verwirkt hätten.
Es zeigte sich bald, wie sehr sich die Verhältnisse Ungarns von den Zuständen in
Böhmen unterschieden. In Böhmen war die ständische Macht nach einem furchtbaren
Kampfe gebrochen, ein Drittel des Volkes vertrieben, ein neuer Adel eingeführt und der
Protestantismus gewaltsam ansgerottet. In Ungarn waren alle diese Kräfte lebendig. Es
wurden zwar Versuche gemacht, sie zu fesseln, aber es gelang nur für kurze Zeit.
Denn schon entspann sich infolge der religiösen nnd politischen Reaction in Ungarn
ein blutiger Parteikrieg, namentlich im östlichen Theile des Landes, der Gnerillakümpsen
besonders günstig ist. Aus ihren Besitzungen vertriebene Edelleute, Katholiken wie
Protestanten, Männer besserer Vergangenheit wie Landstreicher und Räuber, welche mau
im Gegensatze zu dem kaiserlichen Fnßvvlke, den Labanzen, die Kurntzen nannte, sammelten
sich hier zu einer neuen Schilderhebung, der bald der Großfürst von Siebenbürgen,
Michael Apasy, beitrat und welcher sich endlich in dem jugendlichen Magnatensohne
Emerich Tököly ein beherzter Führer darbot. Es war dies zu derselben Zeit, als in
Eonstantinopel das Vesirat an jenen Kara Mnstapha gelangte, dem die Erhebung Tökölys
den willkommenen Anlaß gab, seinen eigenen Ehrgeiz nnd Übermnth zu befriedigen,
indem er sich vermaß, zu vollbringen, was einst dem großen Suleymau nicht gelungen —
die Eroberung Wiens und die Ansbreitnng der osmamscheu Herrschaft uud des Islams
über die deutschen Grenzen.
Vergebens suchte der Kaiser den herannahenden Stnrm zu beschwören. Er entschloß
sich, den Einheitsplänen zu entsagen nnd ans den Boden der alten Verfassung Ungarns
zurückzukehren. Nach mehr als zehnjähriger Unterbrechung trat wieder ein Landtag in
Ldenbnrg (1li81) zusammen, ans welchem die Gnbernatorswürde für immer abgeschafft,
das Palatinat wieder hergestellt nnd sür die religiöse Frage die Basis geschaffen wurde,
welche der gesetzmäßigen Stellung der Protestanten in Ungarn bis zu Kaiser Josefs II.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Band 3
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Band
- 3
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.64 x 22.39 cm
- Seiten
- 278
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch