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auf sächsischem Boden und nahm plötzlich inmitten der europäischen Zerwürfnisse eiue
dominireude Stellung ein. Was die Seemächte schon längst befürchtet, was sie um jeden
Preis hintanzuhalten gesucht, schien nunmehr eintreten zu sollen. Der nordische Krieg und
der Krieg um die spanische Erbschaft drohten in einander zusammenzufließen. Von seinem
Lager zu Altranstädt aus warf sich der Schwedenkönig zum Schiedsrichter der österreichisch-
ungarischen Händel uud zum Beschützer der protestantischen Sache in Schlesien auf. Es
war noch ein Glück, daß sich Karl XII. den Umwerbnngen Frankreichs unzugänglich zeigte,
als Villars den schwachgedeckten Rhein überschreitend bis Franken schwärmte und ihn zu
einem gemeinsamen Vorstoße einlud, und daß auch des Sultans Ahmed III. Indolenz
allen Aufhetzungen Frankreichs und den Hilfegesuchen Raköczys widerstand. Aber wie ein
Nordlicht kam nnd verschwand der Schwedenkönig. Es gelang Marlborongh die Differenzen
zwischen diesem und dem Kaiser auszugleichen. Befriedigt durch die im Altranstädter
Vertrage seinen schleichen Glaubensgenossen gemachten Zugeständnisse tauchte Karl XII.
endlich in die Wälder und Sümpfe Rußlands unter.
Auch die Sonne Ludwigs XIV. war bereits im Sinken. Sieben Kriegsjahre hatten
selbst die reichen Hilfsquellen Frankreichs znletzt erschöpft. Durch die furchtbaren Nieder-
lagen bei Oudeuarde (1708) und Malplaquet (1709) wurde das Übergewicht Frankreichs
ebenso gebrochen wie durch die gleichzeitige Schlacht bei Pultawa jene Schwedens. Und
wie sich statt dessen im Norden und Osten Europas der neue Großstaat Rußland erhob,
so bereiteten sich auch im Westen und Süden des Welttheiles neue Machtverhältnisse vor.
Da traten plötzlich zwei Ereignisse ein, welche für die Feststellung dieser Macht-
verhältnisse im Westen und Süden Europas entscheidend wurden: der Tod Kaiser Josefs I.,
der an den Blattern starb, und der Sturz Marlboroughs. Da uuu die Verewigung der
spanischen Monarchie mit den österreichischen Ländern unter Karl (III. als König von
Spanien, VI. als Kaiser) zu erwarten stand, neigten die Seemächte, um dies zu hindern,
zu Ludwig XIV., dessen Friedensanerbietnngen jetzt willigeres Gehör fanden als zuvor,
und schlössen mit ihm den Frieden zu Utrecht ab (1713), dem sich nach einer kurzen und
fruchtlosen Fortsetzung des Krieges der Kaiser uud das deutsche Reich in den Friedens-
schlüssen zu Rastatt nnd Baden (in der Schweiz) anschlössen. Die Friedensbedingungen
waren: Philipp V. (Ludwigs XIV". Enkel) bleibt König von Spanien und der außerhalb
Europas gelegenen spanischen Besitzungen. England behält das im Kriege eroberte
Gibraltar, Österreich erhält die spanischen Niederlande, Mailand, Neapel und Sardinien,
Savoyen, als mit dem Kaiser verbündete Macht, das Königreich Sieilien.
Noch vor dem Friedensschlnsse, auf die Nachricht vou dem Tode feiues Bruders,
hatte Karl Spanien verlassen, an das sich die Erinnernngen acht wechselvoller Jahre seines
Lebens knüpften. Unter dem Jubel der Eatalouier war einst der junge König in Barcelona
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Band 3
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Band
- 3
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.64 x 22.39 cm
- Seiten
- 278
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch