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ie Vereinigung der Landschaften zu der Idee eines Staates kann als
die große Hinterlassenschaft der habsbnrgischen Dynastie und das
Resultat ihres fünfhundertjährigen Waltens betrachtet werden." Daß
diese Vereinigung aufrecht bestehen blieb und auf die neue habsbnrgisch-
lothriugische Dynastie überging, ist Maria Theresias Werk.
Maria Theresia wurde am 13. Mai 1717 in Wien geboren. Sie war noch ein Kind,
als Herzog Leopold vou Lothringen sich für seinen älteren Sohn Clemens und nach dessen
frühem Tode für den zweiten Sohn Franz Stefan um ihre Hand bewarb. Die Habsburger
und Lothringer waren seit dem XVII. Jahrhuudert durch Verwandtschaft und Politik enge
verbunden. Leopolds Vater war der Befreier Wiens, Herzog Karl V. von Lothringen,
seine Mutter eine Stiefschwester Kaiser Leopolds l. Herzog Leopold selbst hatte seiue
Jugend am Wiener Hofe zugebracht; erst nach dem Ryswiker Frieden war er wieder in
den Besitz seines väterlichen Landes gelangt. Karl VI. nahm die Bewerbungen des Herzogs
freundlich auf. Er gab zwar keine bindende Zusage, aber Franz Stefan kam nach Wien,
wo der Kaiser den geweckten und schmucken jnngen Herrn, den er wie ein Glied der Familie
aufnahm, bald liebgewann uud dieser selbst sich die Neigung der Erzherzogin Maria
Theresia in hohem Grade erwarb. Aber während bereits alle Welt den Erbprinzen von
Lothringen und die Erbtochter des Kaisers als ein zukünftiges Paar betrachtete, schwebte
mehr als einmal drohendes Gewölk über ihrer dereiustigeu Vereinigung. Die beiden
Töchter des Kaisers Josef I., Maria Josefa, Kurprinzessin von Sachsen, und Maria
Amalia, Kurprinzessiu vou Baiern, hatten, jede bei ihrer Vermählung, auf die Erbfolge iu
Österreich Verzicht geleistet; umso mehr wünschten sie, jede für ihren ältesten Sohn, die
Hand Maria Theresias zu erlangen.
Vor Allem aber war es die Königin von Spanien, welche ihrem Sohne Don
Carlos mit der Hand der österreichischen Thronerbin eine glänzende Zukunft zu schaffe»
wünschte und den Kaiser zu eiuem Vertrage bewog, worin er in die dereinstige Vermäluug
zweier seiner drei Töchter mit den beiden Infanten willigte, ja sogar zur Heirat seiner
ältesten Tochter mit Dou Carlos eine freilich nur bedingte Zustimmung gab. Zwar zerschlug
sich dieser Vertrag, aber noch im Jahre 1733 tauchte unter dem Eindrucke der feindseligen
Haltung Frankreichs und Spaniens und im Vorgefühle der großen Schwierigkeiten, welche
die pragmatische Sanction an dem Begehren der baierischen Wittelsbacher nach der
österreichischen Erbschaft finden werde, am Wiener Hofe der Plan auf, Maria Theresia
als älteste Tochter uud Erbin der deutsch-österreichischen, böhmischen und ungarischen
Lande dem baierischen Kurprinzen, ihre Schwester, Erzherzogin Maria, dem Infanten
Don Carlos anzutrauen und mit den Ländern aus der spanischen Erbschaft auszustatten.
Niemand Geringerer als Eugen von Savoyen war es, der dem Kaiser zu der Verbindung
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Band 3
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Band
- 3
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.64 x 22.39 cm
- Seiten
- 278
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch