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Königs". Ihre Handlungsweise bewies die Wahrheit dieser Worte. In der äußersten
Noth, als die Vorposten der Baiern bis St. Pölten bei Wien streiften und Friedrich, im
Besitze des eroberten Schlesien, iu Ungarn oder in Mähren einzufallen drohte, begab sich
Maria Theresia nach Ungarn.
Es war ein großer und ewig denkwürdiger Entschluß, daß sie gerade in diesen«
Augenblicke mit dem hergebrachten System des Argwohns gegen die Ungarn brach und
vielmehr ihr Schicksal vertrauensvoll in die Hände des heißblütigen, aber deßhalb auch edler
Regungen fähigen Volkes legte. Allerdings nahmen die Verhandlungen des Preßbnrger
Landtages, welcher der Kröuuug voranging, keinen glatten Verlauf, da die Königin den
Forderungeu der Stände den Satz gegenüber stellte, daß sie das Reich als Fideicommiß
innehabe und wie sie die königliche Gewalt empfangen habe, so dieselbe ihren Nachkommen
überliefern müsse. Nur der vermittelnden Thätigkeit zweier gleich einflußreichen Männer,
des Palatins Pälffy und des Personals Grassalkovics, der als Präses der königlichen Tafel
die Verhandlungen der Ständetafel leitete, ist es zuzuschreiben, daß die Verhandlungen
zu einem beide Theile befriedigenden Resultate führten. Noch ehe dies der Fall war, fand
die Krönung Maria Theresias statt (25. Juui 1741). Bekannt ist die Scene, wie Maria
Theresia bald darnach die Stände auf das Preßburger Schloß beschied, wie sie in Traner-
gewänder gehüllt in ihrer Mitte erschien, ihnen die drohende Gefahr uud ihre Pflicht vor
Augen hielt und wie sodann, nachdem sie ihre von häufigen Thräueu unterbrochene Rede
beendigt hatte, eine tiefe Bewegung dnrch die Versammlnng ging, nnd wie zuletzt bei dem
zauberischen Anblicke der Königin die stolze Empfindung, daß sie gerade bei den Ungarn
Zuflucht suchte, in den einmüthigen und begeisterte!? Zuruf: „Wir weiheu unser Leben und
unser Blut" ausbrach.
Wenn mau bedenkt, wie ganz anders, verglichen mit den Vorgängen früherer Zeit,
sich das Verhältniß der Ungarn zu ihrer Königin aussprach, so wird man auch die außer-
ordentliche Wirkung begreifen, welche dieses Ereigniß ans die übrigen Erbländer und anf
ganz Europa übte. Dort richteten sich die verzagten Gemüther zu neuer Hoffnung auf;
hier bildete sich eine andere Meinung von Österreich, welches nicht, wie man erwartet
hatte, gleich einem Kartenhause auf den ersten Stoß zusammenbrach, sondern mit Ehren
die Feuerprobe seiner Lebenskraft bestand.
Schlesien allerdings vermochte man der kriegskundigen Hand Friedrichs ll. nicht
wieder zu entreißen. Vielmehr mußte nach einem neuen Siege desselben bei Easlau (oder
Ehotusitz) in Böhmen durch den Breslauer Frieden, dem anch Sachsen beitrat, der größte
Theil Schlesiens sammt Glatz dem preußischen Könige überlassen werden. Doch hatte dieser
Friedensschluß deu Vortheil, daß Maria Theresia nun alle Streitkräfte gegen die Baiern
und Franzosen verwenden konnte, während das mit ihr verbündete England nnn eifrig
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Band 3
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Band
- 3
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.64 x 22.39 cm
- Seiten
- 278
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch