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hatte, und bis zu den Quellen vordringt, in denen das öffentliche Leben entspringt nnd sich
immer wieder verjüngt, so drängen zugleich auch die neuen Ansprüche des Staates zu einer
Auseiuaudersetzuug auf dem Gebiete der Kirche, die sich der Stellung eines Staates im
Staate allmälig begibt.
Maria Theresias Regierung hat keineswegs die letzten Conseqnenzen dieser nenen
politischen Theorie gezogen; dazu war sie in ihrem Innersten jeder doktrinären Anschauungs-
weise allzu fremd und abgeneigt. Auch hatte sie eine allzn große Achtung vor dem Bestehenden
und keine Neigung zu gewaltsamen Änderungen, wenn sie sich auch nicht der Nothwendigkeit,
Manches umzugestalten und zn bessern, verschloß. Aber es ist doch ihr unsterbliches
Verdienst, daß am Schlüsse ihrer vierzigjährigen Regierung der Staat, welcher bei ihrer
Thronbesteigung auseinanderzufallen drohte, in allen seinen Theilen festgegliedert und
geeinigt dastand. Sie war „die erste Habsburgerin, welche das Reich über die Provinzen,
den Staat über die Stände, das Ganze über die Theile setzte".
Bis auf Maria Theresia und noch unter ihr war die oberste Leitung des Staates
der geheimen Conferenz anvertraut, deren Mitglieder in allen wichtigen Dingen von dem
Monarchen zu Rathe gezogen wurden. Die Armeeverwaltung ging noch immer vom Hof-
kriegsrathe aus. Die Finanzgeschäfte besorgte noch immer als oberste Behörde die Hofkammer.
Dies waren damals die drei einzigen Centralstellen und selbst von diesen galt die Hofkammer
eigentlich nur für die westliche Hälfte der Monarchie, während Ungarn seine althergebrachte
Verfassung besaß. Maria Theresia ließ die letztere unangetastet nnd auch die Verwaltung
Mailands und der Niederlande blieb eine völlig getrennte. Aber wenigstens aus jenen
Provinzen, deren Einrichtungen und Culturzustände schon bisher nicht zu verschieden waren,
aus den deutschen Erblauden und den Ländern der böhmischen Krone wollte die Kaiserin
einen einheitlichen, nach gleichen Grundsätzen verwalteten Ländercomplex schaffen. Zugleich
ging ihr Streben mit Erfolg dahin, auf Kosten der Stände, die bis dahin in den einzelnen
Provinzen fast die ganze Verwaltung in Händen hatten, der Regierung einen größeren
Wirkungskreis zu verschaffe» und die bis dahin lose zusammenhängenden Theile zu einem
festen Ganzen zn verknüpfen. Auch sollte die Verwaltung einfacher gestaltet und sollten
einzelne Zweige des öffentlichen Dienstes schärfer von einander abgesondert und an eigene
Behörden übertragen werden.
Um die Rivalität zwischen der österreichischen und der böhmische» Hofkanzlei und die
von beiden derHofkammer bereiteten Schwierigkeiten zu beseitigen, hob Maria Theresia 1749
die beiden genannten Hofstellen ganz auf und verschmolz die Verwaltung der böhmischen
Länder mit jener der deutsch-österreichische». An die Stelle der beiden Hoskanzleien trat
das virecwl'ium in pudlieis et cameialibus. welchen: a»ch die Finanzverwaltung, soweit
sie sich auf jene beiden Ländergruppen bezog, zugewiesen wurde. Dagegen wnrde das
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Band 3
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Band
- 3
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.64 x 22.39 cm
- Seiten
- 278
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch