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Die durchgreifendsten Änderungen erfolgten in den späteren Regiernngsjahren Ataria
Theresias nicht so sehr aus ihrer eigenen Initiative als vielmehr unter dem vorwärts-
drängenden Einflüsse ihres Sohnes. Hierher gehörten: die Einführung des ?Iaeetum
i-e^ium, nach welchem päpstliche Bullen ohne landesfürstliche Bewilligung nicht mehr
pnblicirt und befolgt werden durften, die Beschränkung des Verkehrs der Geistlichkeit mit
Rom und der Testirfähigkeit derselben n. s, w.
Selbst in die Institutionen, Gebräuche und Lehren der Kirche griff der Staat ein,
indem er Alles bis zum Katechismus herab nach seinen Anschauungen und Bedürfnissen
regelte. Aber alle diese kirchlichen Maßregeln wnrden an Bedeutung vou der Aufhebung
des Jesuitenordens übertroffen, an den sich der Conservativismns mit seinen letzten Kräften
heftete, um dem Andringen der neuen Zeit Einhalt oder doch Stillstand zu gebieten, und
um dessen Beseitigung sich die ganze geistige Opposition des Jahrhuuderts eoucentrirte.
Der Anstoß zur Aufhebung des Ordens ging zwar nicht von Österreich aus, obgleich es
auch hier den Vätern der Gesellschaft nicht an zahlreichen und mächtigen Gegnern fehlte.
Der entscheidende Angriff, welcher die Bulle: Dominus ae reckemptor (1773) zur Folge
hatte, ging vielmehr von den bourbonischen Höfen aus, während sich Maria Theresia und
ihr Sohn in dieser Angelegenheit völlig nentral verhielten und einfach der Entscheidung
des Papstes fügten. Gleichwohl hatte auch für Österreich dieses Ereigniß eine ganz
ungewöhnliche Bedeutung, welche sich insbesondere auf dem Gebiete der Schule äußerte.
Wie das geistige Leben überhaupt, so stellte der Staat auch den Unterricht, der bis
dahin sowohl in den höheren als auch in den niederen Schulen fast ausschließlich der Kirche
überlassen war, unter seine Aufsicht. Ausdrücklich wurde das Schulwesen in einer kaiser-
lichen Resolution (vom 28. September 1770) als ein „Politienm" erklärt. Die Universitäten
wurden gleich anfangs dem bisher maßgebenden Einflüsse der Jesuiten entzogen und mit
Lockerung ihres corporativen Gefüges in Staatsanstalten umgewandelt. An den Gymnasien
gewannen immer mehr die Piaristen mit ihrem den Anforderungen der Zeit entsprechenden
Lehrplane den Jesuiten und deren veralteter Unterrichtsmethode den Vorsprung ab. An
die Stelle des von Ferdinand I. zur Überwachung der Universität eingesetzten Superinten-
denten wurden Facnltätsdirectoren ernannt, neben welchen die Deeane nnr noch ein
Scheinleben fristeten. Vor Allem aber war die österreichische Volksschule Maria Theresias
Schöpfung, für welche namentlich die Aufhebung des Jesuitenordens entscheidend wurde,
da dessen Vermögen eingezogen und in einen Studienfond umgewandelt ward. Wie bereits
zuvor für deu höheren Unterricht, so war jetzt auch für die niederen Schulen die Studien-
Hofcommission als Controlbehörde thätig. Zur Ausbildung des jungen Adels für den
Staatsdienst gründete die Kaiserin die theresianische Ritterakademie in Wien, für die Heran-
bildung von Diplomaten die orientalische Akademie.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Band 3
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Band
- 3
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.64 x 22.39 cm
- Seiten
- 278
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch