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des Kaisers noch heute Zeugniß. Und wenn man die Einführung der Condnitelisten für
die Beamten als eine Einrichtung, die den Kaiser der Denunciation zugänglich machte,
mit Recht getadelt hat, so sollte man anderseits doch nicht übersehen, daß er es war, der
zuerst nicht nur wohlverdienten Kriegern Jnvalidenbezüge. sondern auch emeritirten
Staatsdienern Pensionen und im Falle ihres Ablebens ihren Hinterbliebenen Angehörigen
Versorgungsbeiträge sicherte.
Wie in allen anderen Dingen wurde Josef auch bei den Anordnungen, die er auf
dem Gebiete des Unterrichtswesens traf, in erster Linie durch die Rücksicht auf das
Bedürfniß des Staates geleitet. Darum wendete er seine fürsorgliche Pflege vor Allem
solchen Erscheinungen zu, von denen er sich einen unmittelbaren, greifbaren Nutzen für
das Gedeihen des Staates versprach. Gleich seiner Mutter förderte er daher namentlich
schrieb, so legte er auch auf die Erlernung der deutschen als der Amts- und Armeesprache
in den höheren und niederen Schulen das größte Gewicht. Insbesondere wurde die deutsche
als Unterrichtssprache für die meisten Universitätsfächer eingeführt.
Die Universitäten betrachtete Josef als reine Staatsanstalten, wie er denn zur
Errichtung der Lemberger Universität die Zustimmung des Papstes nicht einholte, ein Fall,
der bis dahin in einem katholischen Staate nicht vorgekommen war, und den Jmmacnlateneid
sowie die selbständige Jurisdiction der Universitäten abschaffte. Der Zweck des Universitäts-
studiums sollte die „Nationalerziehung" sein, worunter man die Heranbildung brauchbarer
und mit vaterländischer Gesinnung erfüllter Beamten verstand. Eben darum wandte der
Kaiser seine Aufmerksamkeit besonders dem medicinischen Studium zu. Er gründete zur
Heranbildung tüchtiger Militärärzte die nach ihm „das Josefinum" geuauute medicinisch-
chirurgische Militärakademie in Wien, für die er durch Vermittelung seines Bruders
Wachspräparate aus Florenz kommen ließ, und förderte sowohl dadurch als auch durch
die Errichtung eines botanischen Gartens und eines anatomischen Theaters und durch die
Übersichtsband. IL
das Volksschulwesen, indem er den Schulzwang ver-
schärfte, das Schulgeld einführte und den Unterricht
unter die Aufsicht weltlicher Inspektoren stellte, während
er in der Meinung, daß höhere Bildung nur die Sache
der Vermöglicheren und auserlesener Talente sein solle,
die Zahl der Universitäten auf drei — Wien, Prag und
die neuerrichtete zu Lemberg — beschränkte und die nur
Kindern der privilegirteu Stände zugänglichen Special-
anstalten, wie die theresiauische Ritterakademie, aufhob.
Medaille zur Erinnerung an das
Toleranzpatent. Wie er selbst nach langer Zeit wieder der erste Fürst
seines Hauses war, der geläufig deutsch sprach und
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Band 3
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Band
- 3
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.64 x 22.39 cm
- Seiten
- 278
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch