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materiellen und moralischen Kräfte der Nation nöthig gewesen wäre, den Thron bestieg
(1520). Die damalige ungarische Regierung wußte deu Ernst der Lage nicht gebührend
zu erfassen. Als Snleyman die wegen eines Friedensschlusses bei ihm weilende ungarische
Gesandtschaft mit der Antwort entließ, daß er den Frieden nur gegen eine Verpflichtung
zur Tribntzahlnng gewähre, provocirte die ungarische Regierung in unverantwortlichem
Leichtsinne und mit unbegründetem Übermuthe einen Rachefeldzug des Sultaus durch
einen unbedachte» Schritt, indem sie den tributfordernden Gesandten des Sultans ins
Gefängniß werfen ließ (1521).
Snleyman ließ sofort, nm seiner Forderung mehr Nachdruck zu verleihen, Jaiza
belagern und führte seine Truppen gegen Schabatz und Belgrad, an deren Ausrüstung
und Vertheidigung in der allgemeinen Verwirrung und während der König mit seiner
Braut Maria am Hochzeitsfeste des Palatins fröhlich theilnahm. Niemand ernsthaft gedacht
hatte. Schabatz, welches die Festnngscommandanten Simon Logodi nnd Andreas Torma
mit 500 Mann gegen den an Zahl hundertfach überlegenen Feind bis zum letzten Bluts-
tropfen vertheidigten, fiel am 7. Juli, Semlin iu den ersten Tagen des August, Belgrad,
die wichtigste Beste des Landes, ergab sich anf Gnade nnd Ungnade nach sechzigtägiger
Belagerung, nachdem die ungarische Garnison auf 60 Köpfe herabgeschmolzen war
(29. August 1521).
Der Fall Belgrads erfüllte das Laud mit Entsetzen, die in Ofen sich versammelnden
Stände legten unter dem Druck der Furcht deu Unterthanen, Häuslern, Krämern, Hand-
werkern nnd der niederen Geistlichkeit so unerschwingliche Steuern auf, daß bei energischer
Eintreibung fünf Millionen Dukaten hätten einstießen müssen. Infolge der Gewissenlosigkeit
der Einhebnngsorgane floß kaum der hundertste Theil davon in den königlichen Schatz.
Ludwig II. ließ, als er sechzehn Jahre alt geworden war, Ende des Jahres 1521
sich großjährig erklären, übernahm die Regierung und hielt Hochzeit mit seiner Braut
Maria (am 13. Febrnar 1522). Doch wnrde den eingewurzelten Übelstäudeu nicht
abgeholfen, der Fiscns nicht aus seiuer Bedräuguiß gerettet, welche einen so hohen Grad
erreichte, daß der König gezwungen war, mehrere kroatische Grenzfestungen unter
Schädigung des Ansehens des Landes seinem Schwager, dem österreichischen Erzherzog
Ferdinand zur Vertheidigung zu überlassen. Der Zwiespalt zwischen dem Palatin und
dem Wojwoden, zwischen der Hof- und Nationalpartei kam auf den Reichstagen in immer
erbitterteren Kämpfen zum Ausdruck. Verwicklung und Unordnung wuchsen immer mehr,
der Adel hielt gesonderte Versammlungen ab, forderte die Errichtung eines neuen Staats-
rathes, die Entfernung der Fremden vom königlichen Hofe, die Ausweisung der kaiserlichen
nnd der veuetiauischeu Gesandte«, die Vertreibung der die Landesbergwerke ausbeutenden
Fugger, beschloß im nächsten Jahre in Hatvan einen bewaffneten Reichstag abzuhalten,
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch