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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
Seite - 314 -
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314 Dieser erste Tag ist der Tag des Wachens. An diesem wird nicht gegessen, noch Wein getrunken, man trinkt nur Bier und wird diesen Tag später an jeder Jahreswende bei eiucm bestimmten „Gelagsmanu" feiern. Der zweite Tag ist der des Todtengeleites. Gleich nach dem ersten „Morgengelächter" erschallen die Hornstöße der Opferbläser, die „Gram-Mädchen" stimmen ihren Sang an: „Morgenroth, schönes rothes Morgenroth, goldenes Morgenroth!" und von sieben Schlägen erdröhnt die Opfertrommel. Jetzt schneidet sich der Vater des todten Helden mit krnmmem Messer den Haarzopf ab, der an seiner linken Schläfe niederhängt, das Wertheste, was ein urgläubiger Magyare opfern kann, und gibt ihn dem Todten in die Hand. Unterdeß führen die Richter das verhängte Roß herbei, das Lieblingspferd des todten Kriegers, in einem Überwurf vou schwarzem Seidenstoff, gesattelt und gezäumt. Die Wasfeugeuossen heben den Todten in den Sattel, binden ihm die Beine stramm an den Sattelgurt, befestigen ihm die Hand an der Lanze, die in den Sattel gesteckt ihr Fähnlein flattern läßt, und dann setzt sich der Zug in Bewegung für den Abschiedsritt. Vor jedem Thore hält der Tranerzng nnd der Hornbläser, der das Pferd führt, ruft laut zum Thore hinein, die Freunde des Helden zum Geleite zu laden. Vor ihm her trägt nnd führt man seine Fahnen und Waffen, sein Trinkhorn und Speisegeräth, seinen Jagdhund und Lieblingsfalken, seine vierundzwanzig Reitpferde. So zieht das Trauergeleite bis an das Grab bei der heiligen Quelle, tvv Jungfrauen es erwarten, die aufgelösten Locken mit Kränzen aus duftigen Kräutern geschmückt. Am Grabe angelangt vertheilt man an die Genossen des Todten dessen mitgebrachte Schätze und Gewänder, je nachdem er sie zu seinen Lebzeiten Diesem oder Jenem versprochen. Da bricht aus der Mädchenschar die Braut des Todten hervor; auch ihr, sagt sie, sei der Verstorbene etwas schuldig. Sich selbst. Er habe versprochen, ihr anzugehören iu dieser und jener Welt. Hier zum Beweis seine „Balita".* Beide Väter geben ihr den Segen und mau hilft der Braut aufs Roß hinauf neben den todten Bräutigam. Nun führen die beiden Opferbläser das Roß, auf dem der todte Held mit seiuer Braut sitzt, in die Grabgrube hinab und binden den Hengst an den großen Eibenstamm fest. Ihm zur Seite legen sie die Waffen des gefallenen Recken nieder, seinen Opferbecher, seinen goldenen Streithammer, die irdene Urne voll mit Münzen jeder Art, auch die Schmuckspangen der Braut, ihre großen Ohrgehänge und den Jungfernkranz mit Perlen gestickt. Die tältos-Priester binden mittlerweile die vierundzwanzig Renner an die Lanzen- schafte fest. Da stürzen die Mädchen an das Grab heran, reißen sich die Kränze von den Locken und streuen sie, nebst Nnßzweigen, auf deu todten Bräntigam und die lebendige Braut hinab. * „Balita" hieß bei den Szeklern das silberne Götzenbildchen, das der Bräutigam zur Verlobung seiner Braut sandte.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Übersichtsband, Ungarn (1)
Band
5
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1888
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.41 x 22.5 cm
Seiten
532
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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