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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
Seite - 407 -
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407 Seide nie. Und ebenso verliert und vereinfacht das Weinblatt seine Farbe, indem es erst braun, schließlich schwarz wird. Was den Kopfschleier betrifft, der das ganze Antlitz der jungen Frau bedeckt, ohne es unsichtbar zu machen, so weicht er nach sechs bis acht Jahren einem großen weißen Batisttuche, welches die Stirne und das halbe Kinn der Frau verhüllt; dieses Tuch behält sie bis zu ihrem Tode, jedoch mit den Änderungen, daß sie in dem Maße, wie sie älter wird, mit demselben nicht nur ihre ganze Stirne, sondern auch deu Mund bedeckt, so daß nur Nase und Augen sichtbar bleiben. Dies mag aus Gesundheitsrücksichten geschehen; ja es ist gewiß der Grund, denn nicht nur die Älteren, auch die Jüngeren pflegen ihre Lunge unterwegs oder bei der Arbeit vor Staub und Luft zu schützen. Es soll dies ein Überbleibsel türkischer Sitte sein, doch ist zu merken, daß die Türken nur selten in diese Gegend gelangten, ihre Frauen aber gar nicht, welche diese Mode bei dem modelosen Volke hätten heimisch machen können. Eher ließe sich die Sitte auf die Katharer oder Patareuer und noch viel leichter auf die Bibel zurückführen, sammt der ganzen weißen Kleidung und jenen Blumen, welche die Frauen auf dem Kirchgang in ihren Händen tragen, was Alles an die Linnenkleider und Palmenzweige der Apokalypse erinnert. So ist die ganze Tracht, mit einziger Ausnahme jenes rothen Schürzleins, weiß und bleibt auch weiß. Zu bemerken ist noch, daß die Kirchenkleider durchaus bei keiner anderen Gelegenheit (Unterhaltung, Jahrmarkt, Hochzeit) angethan werden. Sogar ihre Trauer ist weiß und unterscheidet sich vom Festtagskleid nur darin, daß statt der Batistleinwand ungebleichte Hausleinwand (der biblische „Sack") angelegt wird, also das „räucherige", aber doch reine Gewand. Diese Trauer wird nicht nur in deu Fällen, welche der Wortsinn bezeichnet, getragen. Trauer trägt, wessen Sohn oder Mann beim Militär steht oder im Gefängniß sitzt. Trauer trägt von Kindesbeinen bis an sein Ende Jeder, der mit einem augenfälligen Körpergebrechen behaftet ist. Ein solcher geht an keinen öffentlichen Ort, mit Ausnahme der Kirche, mischt sich nicht in die Spiele der Anderen und geht, wenn er ledig das dreißigste Jahr überschritten und auf die Ehe verzichtet hat, zum Geistliche», damit dieser ihm „die Haube gebe" und in der Kirche in der Reihe der Frauen zn sitzen gestatte. Bei diesem vielen Weiß müssen aber die Wangen roth, das Haar schwarz und auch die Augenbrauen schwarz, und zwar bogenförmig sein, sonst hat das Mädchen von Glück zu sagen, wenn es mit Flachshaar und Kornblumen- augen nicht sitzen bleibt. Diese Eigenschaften sind auch nicht häufig, desto gewöhnlicher aber sind neben schwarzem Auge und Haar milchweiße, zart röthliche Wangen. Sind letztere nicht von der Natur freiwillig beigesteuert, so werden sie mittelst einiger Schminke erzwungen. Wir haben bereits erwähnt, daß das Schicklichkeitsgefühl des Magyaren ihm nicht gestattet, das Schlechte beim Namen zu nennen; in seinem Wörterbuch gibt es keine Räuber, sondern arme Bursche, keiue Deserteurs, sondern „Geschorene", keinen Teufel,
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Übersichtsband, Ungarn (1)
Band
5
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1888
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.41 x 22.5 cm
Seiten
532
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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