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gewährten. Und überdies gibt es eine große Anzahl von Weingärten, welche nicht mit den
entsprechenden oder welche mit mancherlei nicht dahin passenden Sorten bepflanzt, keinen
so reichen Ertrag und auch nicht jene Qualität von Wein auswiesen, die der Besitzer bei
der Güte des Bodens und Klimas erwarten durfte. Und endlich gibt es in Ungarn noch
weite jungfräuliche Gebiete, welche der Rebe günstig, aber nie mit ihr bepflanzt worden
sind, obgleich sie durch ihre sandige Beschaffenheit gegen die Angriffe der Phylloxera völlig
geschützt erscheinen. Wenn man jetzt in Ungarn, durch die Verheerungen der Phylloxera
gedrängt und unter dem Drucke der Angst vor ihr die Auffrischung der Weingärten und
die Bepflanzung neuer Gebiete in Angriff nimmt, in beiden Fällen natürlich unter
Verwendung von Rebengattungen, welche der Lage und dem Boden entsprechen, so wird
das Land fähig werden, dem Consnm und Handel nicht nur mehr, sondern auch bessere
und gleichartigere Weine zu liefern.
Dies aber ist die Hauptaufgabe der Weinindustrie, von der Ablese der durch
Andere producirteu Trauben angefangen, durch eine rationelle Kellerwirthschaft hindurch
bis zu dem Zeitpunkt, wo der faß- oder flaschenreif gewordene Wein in den Handel
gebracht werden kann. Dieser Weg ist dermalen schon eingeschlagen, und wenn er weiter
verfolgt wird, ist es bei der ersprießlichen Thätigkeit des Regiernngscommissariats für
Weincultur und bei der unausgesetzten, immer erfolgreicheren Pionnierarbeit des Muster-
kellers unausbleiblich, daß nach Frankreich Ungarn sich zur Stellung jenes Weinlandes
aufschwinge, welches schon vermöge des Adels und der Verschiedenheit seiner Weinsorten
im Stande sein wird, den Weinbedarf eines großen Theiles von Europa zu deckxn. Das
Weinland Ungarns erstreckt sich nämlich auf 425.000 Hektaren, deren Erzeugung in
besseren Jahren über acht Millionen Hektoliter erreicht. Hand in Hand mit der thatsäch-
lichen Industrie geht schon jetzt, nicht ohne vorzügliche Resultate, die Cognac- und
Champagner-Fabricat ion, welche erst in neuerer Zeit heimisch gemacht, erst seit
ganz Kurzem zur Massenproductiou gelangt ist, während die Fabrication der gesüßten
Spiritussen, das heißt der verschiedenen Liqueure, schon längst einen hohen Stand
erreicht hat und, nach Befriedigung des inländischen Bedarfs, namentlich die Länder der
unteren Donau mit ihrem Überschuß versorgt.
Die Thon-, S te in- und Glaswaaren-Jndnftrie ist in Ungarn uralt, hat aber
in neuerer Zeit große Fortschritte gemacht.
Die Thonwaaren-Jndnstrie hatte früher, besonders im Oberland, den Charakter
einer Hausindustrie, konnte jedoch nicht über die seit Jahrhunderten gangbaren primitiven,
übrigens nicht eben geschmacklosen Formen hinausgelangen. Ganze Dörfer kneteten das
nothwendigste häusliche Geschirr aus dem in ihrer Gemarkung vorfindlichen Thone,
brannten es mittelst des Brennmaterials ihrer reichen Waldungen und führten es dann
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch