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ist der Tanz nicht ganz wie er sein soll, es fehlt noch etwas, das „Tanz angeben" und das
„Stellten", Es ist ja eine Eigenart des deutschen Steirers, seinein Herzen, sei es nnn im
Gefühle der Liebe, des Wohlbehagens, der Eifersucht oder der gesteigerte» Fröhlichkeit
Luft zu wachen. Und so improvisirt denn auch bald einer der Tänzer ein „Schuaderhüpfl"
und „gibt den Tanz an", indem er den Musikanten die Melodie vorsingt, die sie nnn auf-
greifen und meist abwechselnd in verschiedenen Tonarten durchführen. Solche improvisirten
Liedlein siud oft gemüthlich, sinnig oder naiv, oft aber auch derb und anzüglich. Im
letzteren Falle bleibt selten die richtige Autwort aus; es fiudeu sich immer einige unter den
Tänzern, welche den im soeben abgesungenen „Vierzeiligen" enthaltenen Reim für die
erwartete Entgegnung aufgreife» und schlagfertig erwidern. So entsteht ein Liederkampf,
ein lebhafter Wechselgesang, „Stenken" genannt, welches rein nur in der deutschen Steier-
mark anzutreffen ist; derjenige bleibt Sieger, der seine Gegner zum Schweigen bringt.
Der steirische Nationaltanz in seiner ganzen Originalität ist namentlich in Obersteier
bei allen Tanzunterhaltungen vorherrschend. In Mittelsteier, zumal in den nordöstlichen
Gegenden siud auch der „Polsterltauz" und der „Hans-Adam-Tanz" beliebt. Bei letzterem
tanzen die Paare erst recht langsam im Takte, dann geht die Musik iu eiueu „Steirischen"
über, man tanzt einen Rundtanz, „trampelt" hierauf zweimal im Takte mit den Füßen;
nun drohen sich Tänzer und Tänzerinnen schelmisch und zärtlich, erst mit dem Zeigefinger
der rechten, dann mit dem der linken Hand, verbeugen sich gegenseitig und wenden sich
wieder mit einer Miene der Abneigung von einander ab, alles streng nach dem Takte
der Musik. Hierauf wird der Ruudtanz im schnelleren Tempo fortgesetzt. Diese Figuren
wiederholen sich, wobei der Tanz immer schneller wird, so daß es zuletzt ganz unmöglich
ist, dem Tempo zn folgen und deshalb Tänzer und Tänzerinneu endlich unter allgemeinem
Jubel uud Gelächter auseinanderstäuben.
Des Steirers gemüthliche Seite uud Fröhlichkeit äußern sich auch iu seinen
Spielen nnd Belustigungen, die nicht selten des Alpensohnes Geschicklichkeit uud
Körpergewaudtheit erkennen lassen. Obenan steht das Scheibenschießen in schöner Jahres-
zeit. welches im Winter durch das Bvlzschießeu ersetzt wird. Sehr beliebt im Winter ist
in Obersteier das Eisschießen; dem Schlittschuhlaufen wird mehr von den städtischen
Bewohnern gehuldigt, ebenso dem „Gaßlsahren", dagegen ist das „Rumpelfahren" mit
kleinen Schlitten auf schneebedeckten Berglehnen eine Belustigung für die liebe Jugend.
Jüngere Bursche lieben es, ihre Kräfte im „Ringen" nnd „Fingerhakeln" zu erproben
oder ihre Gewandtheit im „Baumkraxeln", „Sackrennen" uud dergleichen zu zeigen. Eine
große Behendigkeit und geschickte Anwendung der Gliedmaßen verlangen das „Stangen-
reiten", auch „Ritterspiel" genannt, und das „Holzauswerfen". Bei ersterem kommt es
hauptsächlich darauf au, fest und sicher auf mehrere Meter langen glatten Stangen, die von
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch