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freundnachbarlichen Gehilfen das „Firstmahl" abgehalten, das seinen Abschluß gewöhnlich
in eiuem lustigen Tänzchen findet.
Frisch und mnnter bei der Arbeit, aber auch lustig und fröhlich nach derselben, das
ist des Steirers Eigenart. In Eisenerz wurde noch vor nicht viel mehr als zehn Jahren,
wenn das Heu uud Grummet glücklich eingebracht wordeu, der „Heugerzug" abgehalten,
ein Festzng, bei welchem die vier Jahreszeiten allegorisch dargestellt und allerlei Prodncte,
Gerätschaften und Attribute der Landwirthschaft theils herumgetragen, theils herum-
geführt wurde»; mit Blumeu, Ährenbündeln, Fichtenreisig und dergleichen geschmückte
Gestalten saßeu auf den Wage», alterthümlich costümirte Reiter auf Nossen, und dazu
spielte die Musik ländliche Weisen, die selbst ans der Straße einzelne Personen zu einem
Tünzche» auiinirte». Ähnlich ging es auch bei deu Erutesesteu zu, bei welche» nach altem
Brauch drei Korngarben verbrannt wurde». Diese Erntefeste wurden nun wohl schon
seltener, aber der Ernteschmaus ist geblieben. Im westlichen Theile der mittleren
Steiermark findet derselbe an? erste» Sonntag nach dem Martinstage statt und wird
„Martiniloben" genannt. In der Radkersbnrger Gegend wnrde das znr Schlnßseier »ach
den schweren Feldarbeiten stattfindende „Mirtenniahl" alljährlich abwechselnd von den
einzelnen Bauern eines Ortes gegeben, die da einen „Halben" Wein beistellten, während
die übrigen sich mit Zugabe» vo» Braten und dergleichen betheiligten. Einst weit und breit
berühmt war das „Weinlesefest", hat aber im Laufe der Zeit schon viel von seinen
besonderen Eigenheiten verloren und gleicht im übrigen so ziemlich dem im Unterlaude.
Zum Abschlüsse des Getreidedrusches erhalte» die Drescher »och häufig deu
„Drescher-" oder „Stadlhahu", eine reichliche Mahlzeit mit noch reichlicherem Trünke.
Derselben geht in Mittelsteier das „Krapfenholztragen" voraus. Es wird nämlich ein
altes Brett oder dergleichen mit den Dreschflegel» in kleine Späne geschlagen, die dann
mit Stroh in ein „Bündel" gebunden und von deni findigsten der Drescher der Bäuerin
überbracht werden, wobei derselbe einen Spruch aufzusagen hat, z. B. lautend:
„Frau Bänriu, 's Krapfenholz liegt afn Herd,
Die Drescher ja» an Stadlhahn werth!
A Reiter voll Krapfen,
A Beinsnmpa' groß Schöberl,
A Pflngradl großer Rahmstrudl, A Mühlstoan großer Gnglhupf,
A Streukorb voll Branutweinnudel,
Dazua a halbi Sau uud a Eimer Wein,
Das soll für die Drescher der Stadlhahn sein!"
Auf diesen „Krapfenholzträger" lanern nun alle Weibspersonen im Hause, um ihn
von einem Versteck ans mit Wasser zu begießen, was, wenn es gelingt, für die Drescher
den Berlnst des Anspruches auf die Krapfeu zur Folge hat; anderseits wendet aber auch
der Krapseuholzträger alle List an, um ungehindert in die Küche zu gelangen, nnd wohl
' Bienenkorb.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch