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„Almer", ein gefürchteter Alpen- oder Berggeist, durch die Luft fahre, in den stillen,
verlassenen Alpenhütten einkehre und dort die Geschäfte der „Schwoagrin" verrichte.
Für die Bergleute ist der 4. December ein Festtag, der Tag ihrer Schutzpatronin,
der heiligen Barbara. Die Knappen am Erzberge feiern denselben durch fleißige»
Wirthshausbesuch, denn ein alter Bergmaunsspruch sagt: „Wenn man am Barbaratag
fleißig Genfer' wascht, so brichts desto besser."
Noch vielfach, wenn auch nicht mehr in solchem Umfange wie in früheren Zeiten ist
das „Niklogeh'n" am Vorabend des St. Nikolanstages gebräuchlich. Einst hatten anch
die Großen ihren „Niklo", heutzutage kommt er mit oder ohue „Bartl" uur mehr zu den
Kleinen. Eine ganz eigenartige Sitte an diesem Abend ist das in Maria-Zell übliche
„Schiffsetzen". Da pflegen die Kinder aus Papier gefaltete Schifflein den Eltern,
Verwandten, Pathen und anderen nnvermerkt zuzustecken; ja die Kleinen der ärmeren
Bevölkerung umschleichen sogar die Häuser der wohlhabenden Leute, um in dieselben ihre
Fahrzeuge hineinzuwerfen. Solche Schifflein sind stets mit dem Namen des „Schiffsherrn"
und mit einem mitunter recht schnurrigen Sprüchlein beschrieben. Hiervon einige Proben:
„Ein Schifflein zu setzen halt' ich für kein' Sünd',
Denn ich bin noch ein kleines Kind;
Hab's nicht aufbracht.
Bring's auch nicht ab.
Bin herzlich zufrieden
Mit einer kleinen Gab'."
„O heiliger St. Nikolaus!
Ich fahr' mit meinem Schifflein aus.
Ich fahre hin und fahre her
Und weiß mir nicht zn rathen mehr;
Da endlich fallts mir ein.
Daß ich in diesem Hause soll kehren ein."
,,J hoff uiar a Meui ' Zuckn uud Hein
Allerlei Sachn, da wird mei Herz lachn.
Da wird si 's Herz freun, wann d' Schifflein voll sein!"
Ju de» Häuseru werdeu diese Schifflein gesammelt und mit Näschereien, Obst,
Spielzeug, selbst oft Geldstücken gefüllt. Am Morgen des kommenden Tages holen sich die
jnngen „Schiffsherrn" ihre Fahrzeuge nebst „Ballast" mit einem „schön Dank" wieder ab.
Auch unter den Erwachsenen ist dieser Brauch mitunter noch üblich. Doch kommen die
Schiffsetzer in der Stille und befestige» heimlich ihre oft ziemlich großen, recht hübsch
gebauten Schiffe mittelst Schnüren an den Thürklinken, und ebenso ungesehen holen sie
sich ihre Fahrzeuge wieder ab. Hierbei muthen zuweilen ungenannte schalkhafte Mädchen
in zierlichen Versen dem einen oder anderen Repräsentanten des starken Geschlechtes zu,
das Herz als „Ballast" ins Schifflein zu legen. Die Art und Weise, wie einer solchen
unmöglichen Forderung eutsprocheu wird, gibt daun oft zu großem Gelächter uud zu
späteren Neckereien Anlaß, namentlich wenn so ein Schifflein von anderen Händen gesetzt
wurde, als man vermuthete.
' Fels, taubes Gestein. ' Menge. ^ Honig.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch