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Es kann allerdings an dieser Stelle nnr von den Worten der Lieder die Rede sein
nnd vorwiegend nur von jenen Liedern, die sich als ganze und abgeschlossene erhalten
haben. Allerdings entspricht dein Charakter unseres Alpenlandes vor Allein die kurze,
prägnante Form des Schuaderhüpfels mit zwei Hebungen und zwei Senkuugeu, welche in so
unendlicher Mannigfaltigkeit das Leben uud Treiben des Hirten und des Jägers, des Alm-
bauers uud des Holzkuechtes wiedergibt; weil aber diese zahlreichen Liedcheu ausschließlich
in der Mundart gesungen werden und der Darstellung des Dialects hier ein eigener
Abschnitt gewidmet ist, so sei an dieser Stelle nur auf dieselben hingewiesen. Freilich ist
die Scheidung nicht leicht, denn mitunter erscheinen mehrere Strophen von Schnader-
hüpselu zu einem Ganzen zusammengefaßt und nur ihre metrische Form etwa dentet auf
das frühere einzelne Bestehen derselben.
Die verschiedenen Gattungen des Volksliedes in Steiermark ergebe» sich vou selbst,
wen» wir die Gebiete, iu deueu sie vorkommen, ins Auge fassen, anderseits haben auch
gewisse, insbesondere festliche Zeiten auf ihren Charakter bestimmend gewirkt. Die uralten
Weihnachtslieder sind auf dem ganzen deutschen Gebiete verbreitet. Doch ist sowohl bei
dieser Liedergattuug, sowie auch bei den übrigen Gesängen eine streng loeale Abgrenzung
so weuig möglich, als eiue solche iu Bezug auf die Färbung des Dialects in jenen Gegenden
denkbar erscheint, welche an der Grenze anderer Nachbarländer liegen. Die erwähnte»
Weihnachtslieder finden sich überhaupt im ganzen Alpenlande des bäuerischen Stammes,
sie wurden noch vor Jahrzehnten in der Kirche gesungen, sie ertönen heute uoch, etwa von
herumziehenden Burschen vorgetragen, im Dorfe. In keinem Liede offenbart sich das naive
Volksgemüth und der ländliche Humor so ausdrucksvoll als in diesen „Krippelliedern"
oder „Hirtenliedern", sei es, daß der über den plötzlichen Lärm und den Lichtschein in der
Christnacht erschreckte Bauer zuerst verwundert ist und sodauu ausruft:
Aber potz Tausend, es fallt mir schon ein,
I wills darathen, es gilt a Maß Wein,
Ja i will wetten wohl gar a Stuck Geld,
Wahrla bei meiner Treu,
Daß der Messias sei
Kommen auf d'Welt! Na jetzt wollu mir alle hinlaufen zum Stall
Und halt das kleine Kind anbeten all.
Und wann halt einer a Gschenknnß mitnahm.
Sonst möchts Kind werden toll,
S'möcht ihn verdrieß'» wohl,
Woans nichts bekam!
oder daß der zur Krippe herzueilende Hirte das Christkindleiu findet uud mit den
Worten begrüßt:
Herr und Gott, ist das a Sach
Unter ein' so schlechten Dach,
Finden sich so schöne Wunderding,
Seht da liegen das kleine Kind. O Schatzerl mein,
Laß mich dein sein.
Wollt i knnt di mit mir tragen,
Daß i di recht lieb knnt haben.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch