Seite - 102 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kärnten und Krain, Band 8
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Dafür erhalten sie das Plißengut, das sind Kletzen, Nüsse, Äpfel oder Geld. Bei den
Slovenen im Gailthal gehen nicht blos die Kinder schappen, sondern auch die Burschen.
Im Obergailthal ziehen um Mitternacht die Burschen durch das Dorf und klopfen an
den Hausthüren, bis ihnen aufgemacht wird. Mit Fichteuästcheu dringen sie in die Stuben,
um die Leute zu .pisnan« (züchtigen), wofür sie mit Kaffee und Schnaps bewirthet werden.
Hier und da wixt (streichen, mit einer Rnthe züchtigen) der Bauer auch die
Zwetschkeubäume ab, damit sie im kommenden Herbst recht viele Früchte tragen.
Am Dreikönigs-Abend zieht das „wilde Gjad" durch die Wälder. Au diesem Abeud
war in Rattendorf im Gailthal das „Glockenlaufen" im Brauch; die Kinder liefen
mit Glöckchen läutend durch das Dorf. Nach dem Aveläuteu durfte keiu Laut mehr gehört
werden, sie hielten fest die Glocken in der Hand; wenn einer es übersah und klingelte, war
er, wie man sagte, in Gefahr, vom „wilden Höre" zerrissen zu werden. Am Perchtentage
(slovenisch?ernaliti) visitirt im Möllthal die „Perchtra Baba" die Spinnstuben, die
„Sternsinger" und Heiligen Dreikönig-Sänger ziehen von Haus zu Haus uud in einigen
Thälern, namentlich im Rosen-, Lieser- und Lavantthal, dann in der Umgebung von
Prävali werden die Hirtenspiele ihrem ganzen Umfange nach aufgeführt. Die Slovenen
Kärntens Pflegen wie die Deutschen das Räuchern iu den Zwölften (die zwölf Nächte von
Weihnachten bis Dreikönig) nnd am heiligen Abend erstrahlt auch schon in gar manchem
Bauernhause der Baum sinniger Weihnachtspoesie in funkelndem Lichterglanz. Die
Slovenen feiern XolecZä, das Weihnachtsfest, am Christ-, Sylvester- und dem Abend vor
Heilige Dreiköuig. Da gehen die Kirchen- und audereu Sänger von Haus zu Haus im
Dorfe und singen vor dem Hausthor ein Xolecka-Lied, wofür sie Geschenke, wie Würste
und Selchfleisch, erhalten. Die Slovenen glauben, daß es mehr Glück beim Hause gibt,
besonders beim Vieh, wenn die Kcilecka-Sänger das Haus mit ihrem Besuche beehren.
Wie die Deutschen ihre Kletzenbrote, so backen die Slovenen aus Haidemuehl den
Hadnnikl, den sie mit Mohn bestreuen uud mit Houig bestreicheu.
In Wolfsberg feiert man am ersten Sonntag nach dem Dreikönigsfeste zur
Erinnerung an die um neun Uhr Abends im Jahre 1339 erfolgte Austreibung der Juden
aus der Stadt den sogenannten Prügelsonntag (Priglsnntig).
Zum Andenken an die Judenaustreibung wird noch heutigentags allabendlich die
„Neun Uhr-Glocke" (Judenglocke genannt) geläutet. Mit derselben wurde 1339 das Signal
zum Angriff auf die Juden zu deren Vertreibung ans der Stadt gegeben. Am Prügel-
sonntag findet mau die Frauenstatue am Platze in Wolfsberg mit künstlichen Würsten
behängen und der Bauerubursche sichert sich an diesem Tage den Besitz seiner „Schean"
für die Dauer des Jahres dadurch, daß er ihr im Wirthshaus Brateu uud Wem gleichsam
als Leihkauf vorsetze» läßt, indeß sich das „Diandl" mit einer Wnrst revanchirt.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kärnten und Krain, Band 8
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Kärnten und Krain
- Band
- 8
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 23.03 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch