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Speckseite herunter, die täglich um eiu Stück kürzer wird. Die Schweineheerde, die den
bewaldeten Theil der Insel durchwühlt, hat diese Specktafel in das Bereich der Fische
geliefert. Die Schweine sind von der alten Szalontaer Raee, die vor Zeiten auch das
Buchengebirge („Bükk") des Borsoder Conntates beherrschte; die Haare gekraust, roth,
die Beine lang, wie die des Rehes, der Kopf gestreckt, die Ohren nach vorne gespitzt; ein
zähes, wildes, muthiges Thier, das den Wolf von der Heerde verjagt, niemals einen
Stall sieht, und auch das Futter nicht im Trog erhält, sondern von selbst gedeihen muß.
Sache der Schweinehirten ist es, ausfindig zu machen, wo in jeder Jahreszeit die Wurzeln
aufgewühlt werden können, wo das Kalifornien der Regenwürmer ist, und wenn im Herbst
der Eichenboden austrocknet, zu erkunden, wo Eicheln in genügender Menge gewachsen
sind. Seinen Herren, die am jenseitigen Ufer, in der fernen Ortschaft wohnen, gibt er nur
über den Zuwachs Rechenschaft, und dafür bekommt er einen Lodenmantel und Leder für
Bundschuhe „in Convention". Der Schweinehirt verbringt sein Leben in diesem Sumpfe,
in diesem Haine, bei seinen Schweinen und behandelt die Ferkel mit einer zarten Aufmerk-
samkeit, als wären sie seine eigenen Kinder. Was diese anbelangt, wachsen sie in dem
Handwerk ihres Vaters heran, und wenn sie das Alter von sechs, sieben Jahren erreicht
haben, dann bringt man sie auch auf das Drängen des Nachbarpakäsz zur Taufe ins
.Dorf, wo das Kind einen Namen bekommt und einen Trunk Wein (damit seine Zähne
sich stärken).
Der Päkäsz besitzt ferner auch ein uraltes Feuersteiu-Gewehr, mit welchem er aus
dem Hinterhalt Wildgänse und Enten zu schieße» pflegt, auch den Fuchs und Wolf nieder-
streckt, wenn sie ihm in den Wurf kommen; ihre Pelze tauscht er gegen Schießpulver ein.
Statt eines Hundes ist bisweilen ein Fuchs der Wächter des Hauses; den Hühnerhof
bevölkern jung gefangene Wildgänse und Wildenten, die er, wenn sie aufgewachsen sind,
auf den Markt zu trage« pflegt, oder den herrschaftlichen Besuchern verehrt — ein Geschenk
für ein Gegengeschenk, für Schießpulver, Kugeln, Eifeuwerkzeuge, als wäre er der
Bewohner eiuer Meeresinsel. Der Päkäsz bekommt manchmal anch Gäste. Debrecziner,
Pataker Studenten versäumen es nicht, während der Ferien diese urweltlichen Gegenden
zu durchschwärmen.
Doch waren einst die „armen Bursche" viel regelmäßigere Gäste der Theißinsel, die
mit gestohlenen Pferden oder Farren die Theiß durchschwammen und sich in den Schatten
des Weidendickichts zurückzogen, bis die Comitatspandureu ihre Spur verloren hatten
nnd planlos umherirrten. Mancher derselben hatte hier seinen Schlupfwinkel, weuu er
aus diesem oder jenem Gefängniß herauskam, zuweilen ohne Erlaubniß von höherem
Orte. Hier verrieth ihn niemand, hier suchte ihn niemand. War er ein geschickter Mann,
so konnte er sogar Banknoten verfertigen. Anch dieser Fall ist vorgekommen. Und znm
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch