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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (2), Band 9
Seite - 88 -
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88 Winter warm, im Sommer kühl; der Verbrecher kann sich also dort ruhig ausschlafen und vor Allem auf keine Weise Heranskommen, bis er nicht vollgiltige Proben seiner Zerknirschung und Nüchternheit gibt. Die Abenddämmerung bringt eine viertelstündige Pause; Männer und Frauen gehen heim, um einen Blick in ihre Wirthschaft zu werfen, aber nach dem Lichtanzünden geht der Tanz wieder los. Um sieben Uhr folgt die Abendmahlzeit, doch setzen sich nur die Alten zu Tische. Nach dem Mahle wird weitergetanzt. Gegen neun Uhr tritt der Braut- führer vor den Beistand hin, mit den Worten: „Ich melde Euch in aller Unterthänigkeit, daß draußen gewisse Fremdlinge stehen, welche um Erlaubniß bitten, sicher eintreten zu dürfen." „Haben sie einen Legitimationsbrief?" „Ja wohl, mit Verlaub, hier ist er." Der Beistand nimmt den Legitimationsbrief entgegen und liest ihn laut vor: „Wir wandernde Türken kommen aus Amerika, in guter Absicht, und die Nacht hat uns hier überfallen; möge es uns gestattet sein, in Euerem Hause auszuruhen, als arme türkische Männer." „Sie können eintreten", sagt der Beistand; der Brautführer eilt hinaus und führt im nächsten Augenblicke die „Türken" herein. Es sind gute Bekannte aus dem Orte, die aber nicht geladen wurden; Bursche oder Knechte in Weibertracht, in umgestülpten Resten von Herrenkleidern, oder im Domino und mit Larven, die sie aus Zuckerpapier improvisirt haben, mit langen Hanflocken, einen zerknüllten Zylinderhut oder eine uralte Thurmhaube darauf, so daß sie ganz unkenntlich sind. Sie verneigen sich vor dem Beistand, haschen sich dann ein Dirnchen und lassen es tüchtig hopsen, und wenn sie zwei oder drei Tänze mitgetanzt haben, verneigen sie sich wieder stumm und entfernen sich. Kein Mensch berührt ihre Larven. Auch die Zigeuner leiden keinen Hunger; man sorgt gehörig dafür, daß sie satt werden; nur die Feldflasche wird ihnen nicht überlassen, sonst halten sie es nicht bis zum Morgen aus. Während die Musiker ihr Abendbrod einnehmen, besorgt der „Beistand aus dem Bauat" oder der erste Brautführer die Unterhaltung. Er erzählt zum Beispiel die klägliche Mähr, wie ihn seine Geliebte betrogen. Nun sei er entschlossen, sich durch Feuer umzubringen. Er tritt also an den Tisch, steckt einen Lichtstumpfen an und verschlingt ihn. Die Uneingeweihten wissen nicht, daß das Licht aus einem Apfel geschnitzt und der Docht aus einem Nußkern gemacht ist. . . Oder er lehrt seine Brautführergenossen das Kürschner- handwerk. Er setzt sich mitten in die Stube auf einen Stuhl und heißt die anderen zwei Brautführer sich rechts und links aufstellen, jeder mit einer Ruthe von Armeslänge in der Hand. Mit dieser Ruthe dürfen sie dem Meister auf die Hand klopfen, so oft dieser dem
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Ungarn (2), Band 9
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Ungarn (2)
Band
9
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1891
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.56 x 21.98 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
Kronprinzenwerk deutsch
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