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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (2), Band 9
Seite - 94 -
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94 ist es ein Mädchen, so sieht man einen ganzen Berg geschenkter Seidentücher darüber gebreitet, damit das Pathchen, wenn es einmal so weit ist, viele Freier habe. Das oberste und längste Seidentuch kann der Länge und der Quere nach gelegt sein, je nachdem es einen Buben oder ein Mädchen bedeckt. Selbstverständlich tragen die Pathinnen den vollsten Putz, dessen die Volkstracht der Gegend fähig ist. An vielen Orten ist es der Tauspathe, der den männlichen Säugling über den Taufbrunnen hält. Der Name ist voraus bestimmt und, obgleich die Namen aus der ungarischen Geschichte immer mehr Raum gewinnen, läßt doch das Volk, wie es nuu einmal am Alten hängt, „nicht auf irgend einen kuriosen Namen" taufen. Die Protestanten holten sich, besonders in älterer Zeit, aus dem alten Testamente die urgewöhnlichsten Namen, wie Jeremias, Japhet, Dina; dennoch sind im Allgemeinen bei allen Consessionen die Namen aus dem Evangelium die häufigsten: Josef, Johann, Stephan, Paul, Elisabeth, Maria, Magdaleua. Die Kirche selbst wachte darüber, daß ungewohnte Namen nicht unnöthig in Umlauf gelangten, und wenn etwa die Hebamme das Wort „Apollonia" wisperte, klang es in der lauten Wiederholung des Geistlichen „Sarah". Auf dem Rückweg von der Taufe halteu die Gevattersleute vor der Küchenthüre an, wo eine alte Frau sie empfängt: „Was bringt ihr?" — „Ein unschuldig Lämmchen, die Freude des Tages, die Ruhe der Nacht", antworten die Pathinnen, indem sie das Kind seiner Mutter übergeben, die es küßt und iu die Arme des Vaters legt. Von da aus macht es nun die Rundreise von Arm zu Arm, von Kuß zu Kuß, bis es endlich aus der Hand der Hebamme wieder dorthin gelangt, wo es am besten aufgehoben ist. Das Tauffest ist von zweierlei Art. Entweder es ist ein eigentliches Taufmahl und besteht aus einem gleich nach der Taufe aufgetragenen, kurzen Frühstück, an dem nur die Gevatterinueu theilnehmen. Kein Mann darf dabei zugegen sein und es wagt auch keiner einzutreten, denn er weiß, daß man ihm sofort seinen Hut pfändet, den er dann förmlich auslösen muß. Oder man bereitet einen festlicheren Taufschmaus, der «ach völliger Genesung der Mutter, oft erst nach zwei oder drei Monaten, in Gesellschaft der eingeladenen Gevattern, Gevatterinnen und näheren Verwandten unter fröhlicher Musik begangen wird. Ein solcher Schmaus dauert gewöhnlich bis Mitternacht und gar manchesmal klingt das Glas an, auf das Wohl des Kleinen: „Bon Elisabeth gemeldet, von Maria empfangen, von Josef genährt, mein süßes Kind Jesus, laß dieses Kleine wachsen!" sagt die Taus- pathiu, — „Von Abraham verkündet, von David gesungen, von Johannes getauft, meiu süßer Jesus, bekehre dieses Kind zur Taufe!" (Szegedin.) Beim Fortgehen küssen die Gevatterinnen die Gevatterin der Reihe nach, wobei sie ihr dem Patheukiude Zugedachtes an Banknoten oder Silbergeld geschickt unter das Kopfkissen der Mutter prakticiren; auch eiu uach Belieben bemessenes Geschenk für die Hebamme wird hinzugefügt.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Ungarn (2), Band 9
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Ungarn (2)
Band
9
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1891
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.56 x 21.98 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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