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Das Geschick des Königs mag auf ihn ebenfalls einen niederschlagenden Eindruck gemacht
haben, kurz er blieb nun ruhig und setzte seine nomadische Lebensweise fort.
Im leichten Zelt, in» Bretterhaus
Hält der Knmane wilden Schmaus.
Sein wandernd Dorf bald dort, bald hier
Er baut im Theiß-Maros-Revier.
Es wälzt sich seine Stadt geschwind.
Wie Meereswoge vor dem Wind.
Des Alföld weiter Ocean
Macht ihn zum ew'gen Wandersmann. Familienhaupt das Stammhaupt ist;
Mann, Weib uud Kiud zu jeder Frist
Und Jung uud Alt und Herr und Knecht
Führt Alles mit sich schlecht und recht.
Und bleibet oder zieht durch's Land
Je nach der Weide Futterstaud;
So lang die Herde gerne weilt.
Das Volk auch nicht von dannen eilt. (Arany.)
Seine Stadt ist die „Herberge" (s^ällns), sein Dorf der „Sitz" (ülös), sein Haus
das Zelt, seine Habe die Rinder- und Roßherde, sein Knecht das Reitpferd, das gesattelte
oder „knmanifch-gesattelte"; jenem legt man den knmanischen Sattel (Wi-Fenye) auf und
reitet auf ihm in den Kampf, dieses spannt man vor den Wagen oder reitet es auf dem
bloßen Fell und es dient so zn kürzeren Ausflügen, und zwar nicht Männern allein. Weil
aber nicht jedes Wagenpferd sich dem Sattel bequemen will und unter demselben leicht
störrisch wird, nennt der knmanische Humor dermalen sowohl ein störrisches Pferd als
auch ein brnmmiges Weib „kumanisch-gesattelt" (kunkätas). Seine Waffe ist der Pfeil,
seine Burg der Wagen, sein Heer jeder Waffenfähige, seine Schildwache der Hund, den
er sogar im Wappen führt, als Sinnbild der Wachsamkeit und Schnelligkeit. Keinen
Drachen, kein Einhorn, keinen Vogel Greif; nichts als den Hund . . . .
„Einst war der Hund ein feurig Thier
llnd nahm den Kampf auf mit dem Stier, An Kraft ihm selten einer gleich.
An Wuchs kein einziger im Reich." (A ran y.)
(Nirgends trifft man so gewaltige Schäferhunde, so „vogelfleischige" ^magere^ , scheinbar
elende, in der That aber kräftige, ausdauernde und rasche Pferde als noch jetzt bei den
Knmanen.) Von seinem Feld, in dessen Mitte er haust, bestellt er nur so viel, als für den
Haushalt genügen mag; den Rest bedecken seine Herden, mit denen er Handel treibt.
Sein Wein heißt und ist aus Hirse gebraut. Über die Gemalin des Palatins
Nädasdy schreibt ihr Hausarzt noch 1554 scherzhaft: „Meine gnädige Fran, die Ober-
richterin der Kumanen, befindet sich vielleicht vom -Trinken in so guter Gesundheit,
daß sie gesunder scheint als Methusalem".
So lebt dieses Volk nun weitere drei oder vier Jahrhunderte fort, ohne einen anderen
Herrn zu kennen als den König oder dessen Stellvertreter, den Palatin, der im Frieden
sein Oberrichter, im Kriege sein „Oberkapitän" ist. Nach und nach schlägt es Wurzel im
Boden, auf dem es früher nur umherzuflattern gepflegt; auch duldet es iu der Türkeuzeit
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch