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Stube einnimmt, steht in einer der Ecken auf meterhoher Basis, von einer Ofenbank
umgeben, die ini Winter als Sitz- »nd Wärmegelegenheit dient.
Vor dem Hause befindet sich meist ein Hausgaug, von ziueiästigen Hvlzpfeileru
getragen und gleichfalls mit Reihen zierlicher irdener Gefäße behängen. In diesem Gange
steht meist auch eine kleine, aus Lehm geformte Sitzbank, wo während der Arbeitspausen
die Familiemuitglieder oder Nachbarn Platz nehmen, nm über das Wetter und andere
harmlose Dinge zu plaudern.
Das Volk des Hajdnckenlandes nährt sich im Allgemeinen wohl. Seine Hauptnahrung
besteht aus Weizen- oder Halbfruchtbrod, Schweinefleisch, verschiedenen Banernmehlspeisen
(lebdencs und andere), Kraut, Bohueu, Linse», Nocken und Speck; in Dorog wird auch
Sonnenblumen- und Kürbiskeruöl verwendet. Wasser ist das gewöhnliche Getränk, doch
gibt es auch selbstgekelterteu sauren Wein, das Bier ist den Meisten so viel wie unbekannt.
In deu letzten zwei Jahrzehnten hat sich der Genuß des früher nur als Arznei benützten
Branntweins im Volke stark verbreitet und vielfach zeigen sich schon die schädlichen Folgen
davon, doch hat sich der Cousum dieses verderblichen Getränkes infolge des nenen
Spiritusgesetzes wieder auffallend vermindert, während der früher verschmähte Kaffee sich
immer mehr einbürgert.
Der Zustand des öffentlichen Unterrichts ist als vortrefflich zu bezeichnen, des Lesens
und Schreibens Unkundige kommen nur in verhältnißmäßig geringer Anzahl vor. Anch
diese nimmt übrigens stetig ab, in dem Maße als sich die Volksschulen mehren, die in
manchen Gemeinden selbst den höchsten Anforderungen schon vollständig gewachsen sind.
Außerdem gibt es in Böszörmeny, Szoboszlö, Nänas anch reformirte Mittelschulen, die
noch in der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts bald nach der Ansiedlnng der
Hajdncken eutstaudeu siud, eiu glänzender Beweis, daß die kriegerischen Hajdncken trotz all
ihrer Wildheit die Wissenschaft wohl zu schätzen wußten. Überhaupt hat das Hajduckeuvolk
einen starken Sinn für Cultur. Es liest gern und denkt über das Gelesene eifrig nach. Bis
in die letzte Zeit boteu ihm freilich Bibel, Kalender und „Historien" den Hauptlesestoff,
ueuesteus aber hat sich der Kreis seiner Leetüre sehr erweitert uud das Lesen der Zeitnngen
namentlich verbreitet sich immer mehr.
Die Vvlksgebränche sind im Allgemeinen denen der übrigen magyarischen Alsöld-
Bewohner ähnlich. Kindstanse, Verlöbniß, Hochzeit n. s. w. gehen mit geringen Unter-
schieden in derselben Weise vor sich, wie sie bereits in dem betreffenden Theile dieses
Werkes geschildert wurden; doch verlieren in neuerer Zeit auch diese Gebräuche immer mehr
an urwüchsiger Farbe, sie verblassen uud falleu theilweise sogar der Vergessenheit anheim.
Das Gebiet des Hajdncken-Comitats ist durchaus flach, nur hier und da erscheint am
Horizont ein uralter Tnmulus oder Grabhügel. Die Bewässerung ist spärlich, nur eine
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch