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In ethnographischer Hinsicht sind besonders die Zigeuner von Szentes zu erwähnen,
insofern einige derselben, ganz verschieden von ihren anderwärts wohnenden oder
wandernden Stammesgenossen, ein ansehnliches Vermögen besitzen; sie wohnen zwar auch
hier abgesondert, auf der sogenannten Zigeunerzeile, aber in Häusern, welche es den
schmucksten Bürgerhäusern gleichthnn. Die Hauptbeschäftigung dieser Zigeuner ist der
Pferdehandel; nur befassen sie sich nicht etwa mit geringer Waare, sondern beziehen meistens
mit sehr werthvollen Pferden sogar entfernte Märkte. Wiederum aber ist es bemerkenswerth,
daß sie bei allem Wohlstand ihre Sitten und zum Theil auch ihre Sprache bewahrt haben.
Westlich von Szentes, unmittelbar am rechten Ufer der Theiß, gegenüber der
Müuduug der Dreifachen Körös, liegt die Stadt Csongräd. Sie gehört zu deu ältesten
Wohnstätten des Alföld. Nach dem Anonymus Notarius ließ hier Ete, Sohu des Oud,
durch die besiegten Slaven eine Erdburg erbauen, welche sie in ihrer Sprache <7.rni
^rscl nannten; aus der Verballhornung dieser Worte entstand dann in der Sprache der
Eroberer das heutige Csongräd, welcher Name später auf das ganze Comitat überging.
Die Zahl der rein magyarischen römisch-katholischen Einwohner beträgt 18.000, sie befassen
sich in ihrem vier Quadratmeilen großen, zumeist saudigeu Gebiete mit Urproduktion und
haben besonders viele Weingärten, in denen der beste Wein der Gegend wächst. Anch die
Fischerei ist erheblich und wird namentlich nm die Körös-Mündnng her noch jetzt mit recht
gutem Erfolge betrieben; das Beste, was sie abwirft, sind schöne Störe, Welse, Karpfen
und Hechte.
In deni am rechten Theißnfer liegenden Theile des Esongräder Eomitats sind —
ohne hier Szegedin zu erwähnen — die namhafteren Ortschaften: Kistelek, Algyö, wo
die Alfölder Linie der ungarischen Staatsbahnen über die Theiß setzt, das neuerbaute
Säudorsa lva , Täpe, dessen Bewohner sich neben dem Ackerbau stark mit Matteuflechterei
beschäftigen, dann die volkreichen, von großen Gebieten umgebenen ackerbautreibenden
Gemeinden Dorozsma und Horgos und endlich das geschichtlich berühmte Pusztaszer ,
wo uach der Überlieferung Ärpäd am Ufer des Körtvöly-Teiches ueben dem Gömölsö-Walde
jene große Versammlnug abhielt, in der das Land constitnirt wnrde. Von Gömölsö ist keine
Spur mehr vorhanden, der Körtvöly-Teich ist ausgetrocknet und auch das gute Dorf Szer
ist verschwunden, nur vou dem gothischen Thurme der Abtei, die einstmals dort bestanden,
ragt noch eine bemooste Wand, einem Grabdenkmale ähnlich, zum Himmel. Vor einigen
Jahren wurden in der Umgebung dieser Ruine Ausgrabungen vorgenommen und unter
dem Marmorboden der Kirche viele aus Backsteinen gefügte, eigenthümliche, enge Särge
gesnnden, ringsum aber verrostete Waffen und eine Unmenge menschlicher Gebeine.
Wenn wir unterhalb Szentes an die Theiß zurückgelangen, finden wir dort
inmitten einer fruchtbaren Gemarkung das stark bevölkerte Miudszeut und nahe dabei
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch