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Der Streusand war von den Schenkungsbriefen Matthias' noch nicht herabgerieselt, als
man bereits anfing, sie bei Seite zu schieben. Die großen Herren raubten der Stadt ein
Privileg nach dem anderen. Woher hätte König Wladislaw II. (vom Volke „Ooböse
I^s/Iv« genannt), der nach dem Bericht des päpstlichen Legaten nicht einmal Stiefel
hatte, die Kraft nehmen sollen, sie zu zügeln? . . . Dözsa mußte kommen, Mohäcs konnte
nicht ausbleiben!
Die Niederlage bei Mohäcs machte der glänzenden Rolle der Stadt ein Ende. Kamen
doch überhaupt jetzt schwere Zeiten, besonders für die Städte. Diejenigen, die es mit
Szapolyai hielten, wurden durch Ferdinands Heere verwüstet, während Szapvlyai die
Getreuen Ferdinands vernichtete. Länger als ein Jahrzehnt schwankte Szegedin hinüber
und herüber. Es hielt zu Szapolyai, suchte aber auch Ferdinand nicht zu verletze». Beiden
Parteien war es nm den Besitz der Stadt zu thun, noch mehr aber nach Szapolyais Tode
dem in Ofen regierenden Mehemed Pascha. Vielleicht quälte ihn, nach der Vermuthung des
Geschichtschreibers Jaszai, der Gedanke, daß Ibrahim Pascha, als er nach der Schlacht bei
Mohäcs einen Beutezug gegen Szegedin machte, aus den dortigen unabsehbaren Schaf-
herden 50.000 Stück für sich herausgehoben, ja selbst der Desterdar Jskender Cselebi
20.000Stück mitgenommen hatte, so daß er mm seinerseits es kaum erwarte» kouute, auch
sein Theil abzubekommen.
Als es in Szegedin ruchbar wurde, daß der Pascha einen Angriff plane, und als
die Stadt sich zum Widerstand zu schwach fühlte, da entsandte sie Boten an den Pascha,
um ihm ihre Uuterwerfuug anzuzeigen. Und so gelangte die Stadt für lange Zeit nnter
das türkische Joch.
Es findet sich zwar auch ferner noch manches interessante Blatt in seiner Geschichte.
Das berühmte Abenteuer Michael Töths ist durch Sebastian Tinödi besnngen worden.
Anch die Knrntzen Franz Räköczis II. ließen ihre Säbel vor den Mauern erblinken; doch
hatte dergleichen keinerlei Einfluß auf das Schicksal der entvölkerten, verheerten Trümmer-
stadt, deren Verhältnisse dadurch weder besser, uoch schlechter wurden. Seit die Türken in
der Festung herrschen, ist die Bevölkerung wie gelähmt und erdrückt und muß manche
schwere Unbill tragen. Die einzelnen Zweige des Handels liegen darnieder, denn das Gehen
und Kommen der Kaufleute ist gefährdet. So lassen die Stammbürger den Handel immer
mehr aus ihren Händen schlüpfen nnd er geht an die einwandernden Raizen über.
Die reicheren Einwohner wanderten nach Obernngarn aus und die Stadt verkam.
Der Oberrichter, der in den Straßen Szegedins nicht anders erschien als mit zwei
Geschworenen vor nnd mit zweien hinter sich, die ihn mit erhobenen Stäben begleiteten,
wie die Victoren den römischen Consul — diese eiust so würdevolle Persönlichkeit saß jetzt
im Hofe des Paschas herum uud paßte auf desseu Befehle anf. Anch das Selbstgefühl
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch