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Comitats und übte, als burggeschmückter Ort, localbehördliche Rechte aus, ja es gab sogar
dem Comitat für einige Zeit seinen Namen. Da es der Reihe nach Besitzthum der Familie
Becsey, der Csanäds von Telegd, der Birinyis, der Königinnen Barbara von Cilli und
Elisabeth, der Braukovics, dann des Csauader Bisthums, der Szilägyis und der ruhm-
reichen Hnnyadis war, wird es in der ungarischen Staatspolitik fortwährend als thätiger
Factor erwähnt. Es war die stärkste Schutzwehr der unteren Theiß, ja ihr Schlüssel, uud
wurde als wichtiger Punkt am Strome auch von der Landesregierung zu allen Zeiten
eifersüchtig gehütet. Nach der Niederlage bei Mohäcs brachen Raizen und Türken ein, die
magyarische Bevölkerung ließ ihre geplünderten und eingeäscherten Häuser im Stich und
flüchtete nach Siebenbürgen und in die Comitate jenseits der Maros. Die Festung jedoch
blieb auch während dieser verworrenen Zeit in magyarischen Händen und gehörte zu dem
Gebiete Johann Szapolyais. Erst im Jahre 1551 ging sie von der Königin-Witwe Jsabella
in den Besitz Ferdinands I. über, siel aber am 19. September jenes Jahres in die Hand
der Türken. Von Becse zogen die Türken nach der durch eine schöne gothische Kirche
ausgezeichneten Citadelle Aracs, die sie einnahmen und verbrannten. In Aracs hatte
schon 1256 eine Benedictinerabtei geblüht. Die Kirche war das Werk von Baumeistern des
Ordens und ist noch jetzt in ihren? rninenhasten Zustande ein hochinteressantes Baudenkmal,
das schönste, ja einzige, welches das südliche Ungarn für die einheimische monumentale
Baukunst des Mittelalters aufzuweisen hat. Jetzt steht sie öde und verlassen in der weiten
Ebene da gleich den Trümmern der ebenfalls zerstörten Festung von Becse. Bis zum
letzten Jahrzehut des XVIl. Jahrhunderts blieb Becse in türkischem Besitz. Nach dem
Siege bei Zenta erhielt es eine kaiserliche Besatzung. Zufolge des Karlowitzer Friedens
wurde auch die Festung Becse geschleift. Die Ortschaft, im Jahre 1690 durch eingewanderte
Serben besetzt, wurde in die Militärgrenze der Theißgegend eingetheilt und sank zum
armseligen Dorfe herab. 1748 wurde sie von magyarischen und deutschen Eolonisten
besiedelt und zu dieser Zeit entstand auch die katholische Pfarre. Im Jahre 1783 kaufte
ein griechischer Wollhändler aus Makedonien, Michael Paul Hadsi, die Herrschaft Becse
dem Ärar ab und seine Nachkommen besitzen sie zum Theil noch jetzt. Zu Beginn dieses
Jahrhunderts wurden magyarische Ansiedler in Menge von Szegedin und dessen Umgegend
dahin verpflanzt. Der Fleiß, die Strebsamkeit und die Ausdauer der Bevölkerung, durch
die Natur selbst zu Lande und zu Wasser so vielfach begünstigt, haben den Ort alsbald
reich, glücklich und berühmt gemacht. Becse ist die Kornkammer Südungarns und hat sich
zu einem der ansehnlichsten Empörten für den Lebensmittelexport der Monarchie auf-
geschwungen. Sein lebhafter Handel zog auch aus verschiedenen Theilen des Auslandes
wohlhabende Kaufleute an, desgleichen eine kroatische Schifferbevölkerung, und viele von
diesen sind nun sammt ihren Familien ständige Bewohner der immer mehr erstarkenden
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch